Die Revolution 1848/1849 in Baden

Die Deutsche Revolution nahm in Baden ihren Anfang – und endete hier. Als erste revolutionäre Aktion in Deutschland gilt die Mannheimer Volksversammlung am 27. Februar 1848. Das Ende der Revolution ist die Niederlage der badischen Revolutionsarmee in der Festung Rastatt am 23. Juli 1849.

Wie kam es zur Revolution? Und warum scheiterte sie? Diese Seite informiert über die Revolution in Baden, den Verlauf der Badischen Revolution und die Wege der Revolutionäre.

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Die Politik in Württemberg und Baden bis zur Revolution

Auseinandersetzung zwischen Liberalen und Konservativen

Die Ergebnisse des Wiener Kongresses von 1815 hatte zwar für Ruhe und Ordnung in Europa gesorgt, neue Ideen und Forderungen nach Verwirklichung einer republikanischen Staatsform wurden aber durch eine repressive Politik im Keim erstickt. Die Beschneidung der freien Meinung und des Versammlungswesens, das Hochhalten einer normengeleiteten Außenpolitik, die sich doch wieder realen Zielen verpflichtet fand und die übrigen repressiven Maßnahmen, um jegliches Nationalbewusstsein der Deutschen und anderer europäischer Völker zu unterdrücken, erzürnte insbesondere die Liberalen.

Die Liberalen in Baden

Vor allem die politische Gruppe der Liberalen trat für ein lockeres Verhältnis zum Staat ein. Die Freiheit des Einzelnen sollte gewährleistet werden. Bevölkerung und König fühlten sich in Württemberg den Ideen der gemäßigten Liberalen verpflichtet, selbst der König kritisierte die Beschlüsse der „Heiligen Allianz“ aus Österreich, Preußen und Russland und setzte sie - gezwungenermaßen - fast nur auf dem Papier um. 

In Baden war die liberale Bewegung ungleich stärker als in Württemberg. Es war ihr Verdienst, dass das Großherzogtum 1818 eine eigene Verfassung erhielt, die als die fortschrittlichste und liberalste Verfassung in Europa galt. So wurden beispielsweise die allgemeinen Menschenrechte garantiert. Das neu errungene Recht nutzten die Abgeordneten, um ihre Vorstellungen eines modernen Baden zu verwirklichen und dem Monarchen Vorschläge zu unterbreiten. Die konservative Regierung versuchte jedoch alles, um den Liberalen Einhalt zu gebieten.

Bis 1830 regierte die Reaktion. Der Landtag wurde schließlich nur noch alle drei Jahre einberufen und die Abgeordneten drangsaliert. Auch die Wahlmänner in den Bezirken wurden angehalten, konservativ zu wählen. Die Ergebnisse der Urwahl waren nicht verpflichtend. Diese Politik zeigte zunächst Erfolg. Die Liberalen wurden aus dem Landtag gedrängt und verloren so ihre politische Bühne.
 

Situation in Württemberg

In Württemberg wurde die Auseinandersetzung zwischen Liberalen und Konservativen nicht so scharf geführt. Dies lag auch daran, dass die Konservativen nicht halsstarrig an einer überkommenden Politik festhielten, sondern die Verbindung von Regierung, Ministerialverwaltung und Monarchie festigten. Oberstes Prinzip war es, dass der Staat nicht von „Parteiinteressen“ aufgezehrt werden solle und Ruhe und Ordnung garantiert würden. Bestrebungen wie in Baden, wieder zu einer absoluten Monarchie zurückzukehren, wurden in Stuttgart beispielsweise nicht angestellt.

Grundlegend änderte sich die Situation im deutschen Südwesten mit der Julirevolution von 1830, als durch die Inthronisation des „Bürgerkönigs“ Louis Philippe offenbar wurde, dass eine Revolution nach französischem Vorbild nicht ausgeschlossen war. Die Herrschenden verstärkten die Repression, mussten aber gleichzeitig Zugeständnisse machen. So musste eine tatsächliche Presse- und Meinungsfreiheit in Baden gewährt werden. Davon profitierten in den folgenden Jahren vor allem die Liberalen, die Zeitungen und Versammlungen nutzten, um eine bürgerliche Partizipation durchzusetzen. In Württemberg waren die Verhältnisse weitaus ruhiger. Große Auseinandersetzungen blieben aus. Insgesamt hatte sich die Konsenspolitik König Wilhelm I. durchgesetzt und ausgezahlt.

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Die Revolution von 1848/49 und ihre Ursachen

Die vermeintliche Ruhe des Vormärzes wurde mit einem Schlag durch die Deutsche Revolution von 1848/49 zerstört. Drei Ursachen lassen sich für die Revolution feststellen: Aus Frankreich wurden Anfang des Jahres 1848 revolutionäre Ereignisse gemeldet, die als Anlass für das Bürgertum zum Aufbegehren gegen die repressive Ordnung interpretiert wurden. Zudem verschärfte die schlechte Versorgungsgrundlage aufgrund der großen Kartoffelfäule die Stimmung im Land.

Die Ideen der Französischen Revolution „Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit" ließ sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in den deutschen Staaten nicht unterdrücken. Vor allem in den Burschenschaften sowie in den neu entstehenden Gesang- und Turnvereinen wurde die Forderung nach Demokratisierung und Einheit Deutschlands laut. Im Februar 1848 erkämpften sich die Franzosen demokratische Freiheiten. Auch das deutsche Volk wollte Demokratie.

Der Funke aus Frankreich hatte zunächst das badische Mannheim, später dann Berlin und andere Städte und Länder erfasst. Die Bürgerschaft richtete sich mit freiheitlichen Forderungen und Petitionen an die Landesherren und Regierungen. Es kam aber auch zu blutigen Auseinandersetzungen und Barrikadenkämpfen (Quelle). 

Die Fürsten gaben rasch nach, setzten neue, liberale Regierungen ein und erfüllten einige der demokratischen Forderungen. „Radikale" Demokraten wollten sich jedoch mit einer allmählichen Liberalisierung nicht zufrieden geben. Sie setzten auf das „Frankfurter Vorparlament“.

 

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Heckeraufstand: Die Wege der Revolutionäre

April 1848

Die revolutionären Kräfte in Baden, etwa ihr Anführer Friedrich Hecker, aber auch gemäßigtere Personen wie Gustav von Struve, hatten sich zunächst durch die Einberufung des Frankfurter Paulskirchenprozesses 1848 auf eine spätere gesamtdeutsche Verfassung mit garantierten Grund- und Freiheitsrechten vertrösten lassen. Als aber deutlich wurde, dass auch die Paulskirchenverfassung von den Fürsten der deutschen Länder nicht angenommen werden würde, begann in Baden der bewaffnete Kampf. 

Unter der Führung von Friedrich Hecker zogen im April 1848 Franz Sigel, Joseph Weißhaar und Gustav Struve von verschiedenen Orten Südbadens aus in Richtung Karlsruhe los. Sie wollten eine zentrale Revolution anstoßen. Aus Frankreich kommend stieß Georg Herwegh mit seiner Legion zu den Freischärlern.

Der Aufstand scheiterte jedoch nach wenigen Tagen. Der Heckerzug wurde in Gefechten bei Kandern, Freiburg und Steinen zwischen dem 20. und 27. April 1848 von badischen und hessischen Truppen geschlagen. Auch Gustav Struves erneuter Aufstand im September 1848 scheiterte. 

Hecker, Struve und viele ihrer Anhänger flohen in die Schweiz. Einige von ihnen wanderten später nach Amerika aus. Trotz des Scheiterns und der Flucht wurde vor allem Friedrich Hecker zum Symbol des südwestdeutschen Traums von der Freiheit.

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Die Revolution in Gemeinden abseits der Revolutionszüge

Nicht nur in den unter „Wege der Revolutionäre“ genannten Orten machte sich die Revolution 1848/49 bemerkbar. Nach den Ereignissen in Frankreich erhitzten sich die Gemüter im Frühjahr 1848 auch andernorts. Nachrichten verbreiteten sich in Windeseile.

Als ein Beispiel sei das 1848 zum badischen Bezirksamt Meersburg gehörende Markdorf angeführt. Dort hielten am 17. und 18. März 1848 der Klufterner Pfarrer Johann Baptist Uhlmann und der liberale Konstanzer Kaufmann Zogelmann öffentliche Reden, um die Ideen der Revolution zu verbreiten. Die Reaktion in Markdorf und den umliegenden Gemeinden war eher zurückhaltend. Dem Aufruf, am Heckerzug teilzunehmen, folgten im April 1848 lediglich zehn Markdorfer, die jedoch mitsamt den Teilnehmern aus Hagnau von Pfarrer Uhlmann wieder zurückgeholt wurden, bevor sie den Sammelpunkt Stockach erreichten. Die Nachricht von der Niederlage Heckers und Struves hatte sich bereits verbreitet.

Erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1848 fand in Markdorf ein Stimmungsumschwung statt. Seit dem Sommer exerzierte regelmäßig eine Kompagnie Freischärler von 200 Mann aus Markdorf und Umgebung. Versammlungen fanden statt, ein Volksverein entstand. Bei einer großen Volksversammlung am 4. Juni 1849 verlas der Schriftführer des Volksvereins Johann Baptist Rist vom Balkon des Gasthauses „ Adler" (bis heute erhalten) einen aufrührerischen Zeitungsartikel. In den Wochen darauf wurden in Zürich Musketen und Gewehre beschafft. Anfang Juli stellte sich die Markdorfer Kompagnie auf den Kampf ein und zog nach Überlingen. Dort erfuhren die Männer von der Niederlage des badischen Heeres. Sie kehrten in ihre Heimat zurück, die meisten flohen über den Bodensee in die Schweiz. Am 11. Juli besetzten bayerische Truppen die Stadt. Die nachrevolutionäre Gerichtsbarkeit griff hart durch und das öffentliche Leben war für Jahre gestört.

Ähnlich wird von Todtmoos berichtet, wie bei einer Bürgerversammlung Gewehre und Waffen gefordert wurden, um auf alles gefasst zu sein. Beim Gefecht in Kandern war eine Wehrmannschaft von 104 Todtmoosern dabei, die schon lange vorher militärisch geschult worden war.

Auf der sogenannten Schusterinsel (heute nicht mehr vorhanden) bei Weil am Rhein versammelten sich nach dem Aufruf Heckers am Gründonnerstag, dem 20. April 1848, einige Hundert Handwerksgesellen, darunter auch Schweizer und Revolutionäre aus Frankreich. Sie wollten sich mit Herweghs Truppe zusammentun und hielten Versammlungen ab. Am 25. April besetzten sie die Insel und erklärten die deutsche Republik.

Für die fünf in Staufen unschuldig hingerichteten Musikanten wurde 1927 auf dem Friedhof in Weil ein Obelisk aus Granit errichtet.   
 

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Verlauf der Revolution 1848/49 in Baden

In Zusammenhang mit Ereignissen im Deutschen Bund und in Europa

  • 1847

    12. September 1847: Offenburger Versammlung 
    Eine Volksversammlung im Gasthaus „Salmen" in Offenburg formuliert demokratische Forderungen an die badische Regierung, darunter die nach persönlicher Freiheit, Presse-, Gewissens- und Lehrfreiheit, gerechter Besteuerung, Abbau von Adelsprivilegien. Die Veranstaltung wurde von in ganz Baden bekannten Vertretern der badischen Opposition wie Friedrich Hecker und Gustav Struve organisiert.

  • 1848 – Januar bis März

    12. Februar 1848: Badische Ständeversammlung: Antrag des Abgeordneten Friedrich Daniel Bassermann in der Zweiten Badischen Kammer: Der Bundestag soll veranlasst werden, ein deutsches Parlament zu berufen.

    22.24. Februar 1848: Februarrevolution in Frankreich: Der Bürgerkönig Louis Philippe wird zur Abdankung gezwungen, Frankreich zur Republik erklärt. Der Umsturz bildet den Funken für die Märzrevolution in anderen europäischen Ländern.

    27. Februar 1848: Mannheimer Volksversammlung: Die Bürgerversammlung in Mannheim bildet den Beginn der Badischen Revolution und damit der Märzrevolution von 1848. Die Versammlung beschließt eine Petition mit demokratischen Forderungen, die der Zweiten Kammer des Badischen Landtags übergeben wird: „ Wohlstand, Bildung und Freiheit für alle Klassen der Gesellschaft ohne Unterschied der Geburt und des Standes.“

    1. März 1848: Beginn der Märzrevolution: Die Märzrevolution beginnt in Baden mit der Besetzung des Ständehauses des Badischen Landtags in Karlsruhe.

    19. März 1848: Offenburger Versammlung: Eine Offenburger Versammlung erhebt Forderungen nach Volksbewaffnung, Bildung von revolutionären Volksvereinen und Zusammentritt einer Volksversammlung. 

     

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  • 1848 – März bis April

    31. März bis 3. April 1848: Vorparlament in Frankfurt: Ein Vorparlament, gebildet aus fortschrittlichen Mitgliedern der deutschen Ständeversammlungen, tritt in Frankfurt am Main zusammen. Es bereitet die Wahl einer Verfassunggebenden Nationalversammlung vor.

    Anfang April 1848: Heckeraufstand: Enttäuscht von dem Frankfurter Vorparlament beschließt der badische Revolutionsführer Friedrich Hecker, die Revolution in seiner Heimat Baden voranzutreiben.

    Anfang April 1848: Da die badische Regierung aus guten Gründen ihren Soldaten misstraut, veranlasst sie, als sie von dem geplanten Aufstand Heckers erfährt, die Mobilmachung des 8. Deutschen Bundeskorps, das aus Hessen, Württembergern und Bayern besteht.

    8. April 1848: Verhaftung des Konstanzers Josef Fickler: In Karlsruhe Verhaftung des Konstanzers Josef Fickler, des aktivsten Mitglieds der Republikanischen Partei, als er gerade die Heimfahrt in den Seekreis antreten will.

    12. April 1848: Hecker in Konstanz: Nachdem sie ihre radikalen Positionen im Vorparlament nicht durchsetzen konnten und erst recht nach der Verhaftung Ficklers, rufen Friedrich Hecker und Gustav Struve von Konstanz aus zum bewaffneten Widerstand auf.

     

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  • 1848 – April bis September

    13.27. April 1848: Heckerzug: Hecker führt einen Zug Freischärler von Konstanz über Donaueschingen ins Rheintal. Ihr Ziel ist Karlsruhe. Auf dem Weg nach Karlsruhe sollen möglichst viele Aufständische gewonnen werden. Der Heckerzug wird in Gefechten bei Kandern, Freiburg und Steinen zwischen dem 20. und 27. April 1848 von badischen und hessischen Truppen geschlagen. 

    10.27. April 1848: Erste Sitzungsperiode der von Fürst Friedrich Wilhelm Constantin von Hohenzollern-Hechingen zugebilligten Deputiertenkammer unter dem Vorsitz von Pfarrer Joseph Blumenstetter in Hechingen mit Verabschiedung einer Verfassung.

    18. Mai 1848: Nationalversammlung in Frankfurt: Eröffnung der Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche, des ersten gesamtdeutschen demokratisch gewählten Parlaments, das die deutsche Einheit vorbereiten soll.

    29. Juni 1848: Frankfurt: Die Nationalversammlung wählt Erzherzog Johann von Österreich zum Reichsverweser. Er bildet eine provisorische Regierung.

    17./18. September 1848: Septemberrevolution in Frankfurt: Die Linke ruft zum Kampf gegen konservative Positionen in der Nationalversammlung auf. In Frankfurt finden Barrikadenkämpfe statt, die von Bundestruppen beendet werden. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse brechen im Südwesten mehrere Aufstände aus.

     

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  • 1848 – September bis Dezember

    21.25. September 1848: Struve-Putsch in Lörrach: Struve verkündet in Lörrach die „ Deutsche Republik" und organisiert einen Freischärlerzug, der in Staufen von badischem Militär zerschlagen wird (Zweite Badische Revolution). Die badische Aufstandsbewegung des Jahres 1848 ist damit beendet. Struve wird am 25. September verhaftet.

    25. September 1848: Gottlieb Rau in Rottweil: Den badischen Vorgängen folgend, proklamiert der aus Gaildorf herbeigerufene Fabrikant Gottlieb Rau im württembergischen Rottweil die Republik und ruft zum Zug nach Stuttgart auf. Bürgerwehr und zahlreiche Sympathisanten ziehen am 25. September los, doch bereits in Balingen bricht der „ Zwetschgenfeldzug" zusammen. Rau wird am 28. September verhaftet, andere fliehen.

    27. September 1848: Flucht der Regierung Hohenzollern-Sigmaringen und des Fürsten Karl Anton, der nach dem Rücktritt seines Vaters Karl erst seit 27. August im Amt ist, nach Volksversammlungen in Trillfingen und Sigmaringen. Am 10. Oktober Rückkehr der Regierung unter dem Schutz bayerischer Truppen.

    28. Dezember 1848: Frankfurt: Die Nationalversammlung in Frankfurt verkündet die „Grundrechte des deutschen Volkes“. Ihre Forderungen wirken bis in unser Grundgesetz nach.

     

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  • 1849 – Januar bis Juni

    28. März 1849: Die Nationalversammlung verabschiedet eine Reichsverfassung und wählt den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. zum Kaiser. Dieser lehnt einen Monat später die Kaiserwürde ab, da seine Bedingung, die Zustimmung aller Bundesstaaten, nicht erfüllt wurde. Württemberg hatte nach einigem Zögern als einziges Königreich die Reichsverfassung angenommen. In der Folge zerbricht die Nationalversammlung unaufhaltsam, da viele Abgeordnete von ihren Staaten zurückberufen werden. Andere Abgeordnete scheiden resignierend aus.

    Im Mai 1849: Badische Revolution: Breite Protestbewegung im deutschen Südwesten, um die Anwendung der Reichsverfassung durchzusetzen (Dritte Badische Revolution).

    11./12. Mai 1849: Meuterei der Soldaten in Rastatt. Badische Soldaten solidarisieren sich mit den Demokraten.

    13. Mai 1849: Das Leibregiment des Großherzogs Leopold meutert. Er flieht über Germersheim und Lauterburg nach Koblenz.

    30. Mai 1849: Die verbliebenen Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung ziehen nach Stuttgart um. Am 18. Juni treiben württembergische Regierungstruppen dieses „ Rumpfparlament" auseinander.

    1. Juni 1849: In Karlsruhe wird eine provisorische badische Regierung gebildet.
     

  • 1849 – Juni bis August

    3. Juni 1849: Erste demokratische Wahlen in Baden. Alle Männer haben mit Vollendung des 21. Lebensjahres das Wahlrecht.

    10. Juni 1849: Eröffnung der Verfassunggebenden Versammlung von Baden in Karlsruhe unter Lorenz Brentano als Präsident der Regierung.

    Im Juni 1849: Um die Aufstände in Südwestdeutschland zu beenden, marschieren die Preußen zuerst in der Pfalz ein. Erste Zusammenstöße mit den Preußen in Nordbaden; Kriegszustand in Baden.

    21. Juni 1849: Schwere Gefechte bei Waghäusel. Die Revolutionsarmee wird zum Rückzug gezwungen.

    25. Juni 1849: Prinz Wilhelm von Preußen zieht mit seinen Truppen in Karlsruhe ein.

    30. Juni 1849: Die Festung Rastatt, in die sich große Teile der revolutionären Truppen zurückgezogen haben, wird von den Preußen eingeschlossen. Am 23. Juli ergibt sich die Festung den Belagerern. Die Standgerichte verhängen 19 Todesurteile.

    18. August 1849: Großherzog Leopold zieht wieder in Karlsruhe ein.

    Damit ist die Revolution zu Ende. Die Inhalte und Forderungen wirken in der politischen Entwicklung nach und sind vielfach im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verwirklicht worden.

Offenburg und Rastatt 1847-1849

Erinnerungsorte in Baden-Württemberg

In Baden gab es 1847 bis 1849 nach dem Prinzip „Freiheit, aber auch Ordnung“ eine ganz besondere Verbindung von Bürgertum und politischem Protest. Offenburg war eines der Zentren der politischen Protestbewegung des 19. Jahrhunderts. Über die Versammlungen 1848/49 in Offenburg,  über den Soldatenaufstand 1849 in der Bundesfestung Rastatt und die späte Erinnerung das das bürgerliche Engagement lesen Sie hier.

Offenburg und Rastatt 1847–1849

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Frauen in der Badischen Revolution

Text von Ute Grau

In seiner Schrift „ Die Erhebung des Volkes in Baden für die deutsche Republik" im Frühjahr 1848 lobte Friedrich Hecker die badischen Frauen: „ Die Frauen und Mädchen“, so schrieb er, „ zeigten sich muthiger und begeisterter als die Männer. Manchen der nachher zu uns stieß, trieben die Frauen und Mädchen mit ihren Vorwürfen, dass es feige seie, uns im Stiche zu lassen und daheim zu sitzen, während wir die Freiheit erstreben wollten, zu den Waffen.“ Die Revolutionäre könnten getrost, so Hecker, auf das heranwachsende Geschlecht, das sie geboren haben und erziehen, blicken.

Einige Jahre später, inzwischen im Exil mit der amerikanischen Frauenbewegung konfrontiert, äußerte sich der ehemalige Revolutionär deutlich distanzierter: Nur dem, der in den Krieg ziehe, seien auch Entscheidungsbefugnisse über die staatliche Politik und die Bürgerrechte zu gewähren. Hecker war nicht der einzige, der die Frauen nicht in den Kampf um Bürgerrechte einbezog.

Viele Aussagen der männlichen Revolutionäre machen deutlich, dass in der Zeit des Vormärz und der Revolution 1848/49 den Frauen zwar eine neue öffentliche Rolle bei der Unterstützung der Revolution zugewiesen wurde, dass sie jedoch gleichzeitig mit Nachdruck auf ihre weibliche Bestimmung festgelegt wurden. Ihre Mitarbeit sollte gewisse Grenzen nicht überschreiten.

Eine eigene Stimme und den Willen, Rechte für ihr Geschlecht einzufordern, hatten Frauen noch selten: Eigene Zeitungen waren die Ausnahme, wie etwa Louise Ottos Frauenzeitung mit dem Motto „ Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen“. Doch die Frauen verstanden es durchaus, ihre Anliegen vorzubringen. So protestierten im April 1848 Konstanzer Frauen in den radikalen „Seeblättern“ dagegen, dass man sie von der Versammlung, die über die Teilnahme am Heckerzug entscheiden sollte, ausgeschlossen hatte - zusammen mit Fremden und Kindern. Doch es gab auch Frauen, die die Grenzen der für weibliches Verhalten geltenden Normen überschritten.

Amalie Struve

Beispielsweise Amalie Struve, geb. Düsar (1824–1862), Tochter eines Sprachlehrers, die selber zeitweise als Lehrerin berufstätig war – ein für ihre Zeit ungewöhnlicher Umstand. Sie heiratete 1845 Gustav Struve (1805–1870) und nahm an der Seite ihres Mannes am Heckerzug und am Aufstandsversuch Struves im September 1848 teil. Ihre ungewohnte Erscheinung – sie trug gelegentlich Hosen –, machte sie zur Zielscheibe sexistischen Spotts. Für ihre Versuche, die Frauen vor Ort zur Unterstützung der Revolution zu überreden, musste sie von September 1848 bis April 1849 in Freiburg ins Gefängnis. Nach ihrer Freilassung agitierte sie unter den Soldaten der Rastatter Garnison. Amalie Struve verließ nach dem Ende der Badischen Revolution 1849 mit ihrem Mann Europa und ging ins Exil in die USA. Dort war sie als Lehrerin und Romanschriftstellerin tätig. Ihre 1850 in Hamburg erschienenen Revolutionserinnerungen („ Erinnerungen aus den badischen Freiheitskämpfen“) widmete Amalie Struve, die 1862 an den Folgen einer Geburt starb, den deutschen Frauen.

Emma Herwegh

Auch Emma Herwegh, geb. Siegmund (1817–1904), Tochter eines reichen Berliner Kaufmanns und Ehefrau von Georg Herwegh (1817–1875), den sie im Jahr 1842 geheiratet hatte, zog mit in die Revolution. Sie war als Vermittlerin zwischen der von Georg Herwegh in Paris aufgestellten Deutschen Legion und den badischen Aufständischen im Frühjahr 1848 aktiv und ging nach dem Scheitern der Mission mit ihrem Ehemann ins Schweizer Exil. Auch Emma Herwegh hat ihre Erlebnisse 1849 schriftlich festgehalten („ Zur Geschichte der deutschen demokratischen Legion aus Paris. Von einer Hochverräterin“). Sie starb 1904 im Alter von 87 Jahren in Paris und ist, wie ihr Ehemann, in Liestal im Kanton Baselland begraben.

Abseits dieser Berühmtheiten ist die Suche nach Frauen der Revolution mühsam. Eine Liste der in Baden im Zusammenhang mit der Revolution straffällig gewordenen Personen zählt unter 40.000 Verurteilten nur 180 Frauen auf. Die revolutionären Ereignisse der Jahre 1848 und 1849 scheinen eine reine Männerangelegenheit gewesen zu sein – trotz Amalie Struve und Emma Herwegh.

Doch ein Blick in die vielen Zeitungen, in Erinnerungen oder auf zeitgenössische Bilder ergänzt diesen Befund. Ohne weibliche Beteiligung sind die Brotkrawalle, die im Jahr 1847 in Ulm, Stuttgart, Villingen, Mannheim und Tübingen zur Plünderung von Speichern und Marktständen geführt haben, nicht vorstellbar. Die Frauen, die sich an Katzenmusiken und Krawallen beteiligten und lautstark ihre Forderungen vorbrachten, wurden wegen dieser Aktionen häufig mit Gefängnis oder Ausweisung bestraft.

Die Mehrzahl der bürgerlichen Frauen hielt sich zwar an die ihnen gesetzten Grenzen, doch viele von ihnen organisierten sich trotz doppelter Behinderung aufgrund staatlicher Repression und ihres Geschlechts in Frauenvereinen. Frauen entdeckten zunehmend diese Form der bürgerlichen Geselligkeit und Interessenvertretung und schufen sich, da sie in den männlich dominierten Volksvereinen keinen Platz hatten, ihre eigenen Organisationen. Dort machten sie Politik mit karitativer Tätigkeit. Sie sammelten Geld, Kleider und Verbandszeug für Verwundete und übernahmen „ öffentliche Verantwortung“. Rechte für sich selbst oder gar Emanzipation forderten sie allerdings so gut wie nie.

Antonie Stehlin

Im badischen Ettenheim gründeten unmittelbar vor der Offenburger Versammlung vom 13. Mai 1849 einige Frauen unter dem Vorsitz von Antonie Stehlin, Ehefrau eines Ettenheimer Advokaten,  einen Frauen- und Jungfrauenverein. Ziel war es, den dortigen Volksverein in Freiheitsbestrebungen zu unterstützen. Der Ettenheimer Frauenverein war einer der ersten politischen Frauenvereine im Land. (Die meisten anderen Vereine entstanden erst nach der Mairevolution.) Er hatte etwa 30 Mitglieder, deren erste Aktion die Herstellung einer roten Fahne für den Demokratenverein mit der Aufschrift „ Freiheit, Bildung, Wohlstand für alle“ war. Außerdem wollten die Ettenheimerinnen Verwundete pflegen und flüchtige oder gefangene Revolutionäre unterstützen. Marie Antonie Stehlin wurde wegen ihres Engagements für die revolutionäre Sache 1850/51 „ wegen Teilnahme am Hochverrat“ angeklagt und entging der Verurteilung des Freiburger Hofgerichts zu einem Jahr Zuchthaus nur durch Flucht nach Frankreich und Auswanderung in die USA.

Im revolutionären Mannheim gab es gleich zwei demokratische Frauenvereine: „ Concordia“ und „ Germania“. Die Frauen sammelten Geld für eingekerkerte und flüchtige Republikaner. Beide Vereine bemühten sich auch um eine überregionale Organisation von Frauenvereinen. Der Verein „Germania“ beklagte jedoch, was die Vereinsstatuten anging: Man habe keine, damit nicht die hochlöbliche Polizei ihre Nase hineinstecken könne.

In der eher konservativen Residenzstadt Karlsruhe entstand 1848 ein Frauenverein, der das Einkaufen zum Politikum machte. Am 24. März 1848 hatte unter dem Titel „ Patriotischer Vorschlag“ das Tageblatt alle Bürger dazu aufgerufen, nur noch deutsche Erzeugnisse zu kaufen. Am 30. April wurde offiziell der „ Frauenverein zur Unterstützung deutschen Gewerbefleißes“ gegründet. Seine Mitglieder verpflichteten sich, für ihre häuslichen und persönlichen Bedürfnisse vorzugsweise deutsche Erzeugnisse anzuschaffen und den deutschen Arbeitern den Verdienst zuzuwenden. Man polemisierte vor allem gegen den Kauf von Waren aus Frankreich.

Ob radikal oder gemäßigt gesinnt, Frauen machten während der Jahre 1848/49 Politik. Und sie waren nicht wegzudenken aus den Inszenierungen der Revolution, den Fahnenweihen und Bürgerwehraufmärschen, die regelmäßig von weiß gekleideten Ehrenjungfrauen gesäumt wurden. Junge Frauen schworen, nie einen Mann zu heiraten, der sich nicht der revolutionären Sache zu opfern bereit sei, und die revolutionäre Handarbeit, das Fahnensticken, finden wir an allen Orten. Das Beispiel der Bürgerin Henriette Obermüller aus Durlach, die für ihr Engagement für die rote Fahne der Durlacher Turner nach dem Ende der Revolution fast eineinhalb Jahre im Gefängnis saß, zeigt, dass die Botschaft, die sie hineingestickt hatte – „ Siegen oder Tod" – von den Revolutionären und von den Gegnern der Revolution ernstgenommen wurde.

Der Mann, der in den Krieg ziehen sollte, wusste die revolutionär gesinnte Frau bei Heim und Herd derselben Sache verschrieben, für die auch er zu kämpfen entschlossen war. Beide, Männer und Frauen, wollten sich in ihrem Einsatz für die Revolution ergänzen, jeweils an ihrem vermeintlich natürlichen Platz.

 

Scheitern der Badischen Revolution

Aufgrund von Mängeln in der Ausrüstung, vor allem aber wegen der überschätzten revolutionären Lage – die Landbevölkerung war zwar hungrig, brachte aber lieber die neue Ernte ein, als sich einem ungewissen revolutionären Unternehmen zu beteiligen – scheiterte der Heckerzug durch Baden. Preußische Truppen, die nach Baden entsandt worden waren, zerstörten rasch durch ihre militärische Übermacht die Hoffnung auf eine republikanische Zukunft.

Auch die Paulskirchenversammlung wurde durch den als „Kartätschenprinz“ bekannten preußischen Kronprinz und späteren ersten deutschen Kaiser Wilhelm I. aufgelöst und ihre Mitglieder vertrieben. Das Frankfurter Parlament floh in Teilen nach Stuttgart, das zuvor kaum von den revolutionären Wirren in Baden betroffen gewesen war. Politisch musste der württembergische König Wilhelm I. im Frühjahr 1848 handeln, seine konservativen Minister entlassen und durch Liberale ersetzen. Doch insgesamt blieb es in Württemberg auch aufgrund der umsichtigen Politik von König, Regierung und Verwaltung ruhig. Die Revolution blieb auf das Nachbarland beschränkt. Als diese überzugreifen drohte, als badische Revolutionäre nach Württemberg marschierten, wurden diese von der Armee vernichtend geschlagen.

König Wilhelm I. überließ unter dem Eindruck der Ereignisse die notwendigen Reformen, die in den folgenden Jahren nötig gewesen wären, seinem Nachfolger. Auch in Baden war nach dem Ende der 1848er-Revolution Ruhe eingekehrt, wenn auch eine bleierne. Die konservative Reaktion hatte die Schaltstellen der Macht zurückerobert, mittlerweile waren neue gesellschaftliche Herausforderungen heraufgezogen: Die Debatte um die Bildung eines einheitlichen Nationalstaates, der Kulturkampf und die Bedeutung des Großherzogtums innerhalb Deutschlands waren Fragen, die sich je länger je mehr stellten. 

Material der Landeszentrale zur Revolution 1848/49

Broschüre: Wege der Revolutionäre – Wanderrouten Deutsche Revolution in Baden 1848/49

Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg hat 150 Jahre nach der Deutschen Revolution in Baden den Weg der Revolutionäre von 1848/49 in Wanderrouten nachgezogen. Die Broschüre beschreibt im Einzelnen die Wanderrouten des Heckerzugs, Sigelzugs, Weißhaarzugs, Herweghzugs und Struvezugs – was dort heute zu sehen ist, was damals geschah und wie man heute dort wandern kann.

Wege der Revolutionäre – Wanderrouten

Zeitschrift: Revolution 1848/49 (Deutschland & Europa)

Die Ausgabe „Revolution 1848/49“ der Zeitschrift Deutschland & Europa aus dem Jahr 1997 will mit einer gezielten, vorwiegend biographisch ausgerichteten Auswahl von Materialien außer den südwestdeutschen und nationalen auch die europäischen Aspekte der Revolution von 1848/49 zur Sprache kommen lassen. Im Mittelpunkt stehen Menschen, die sich für Freiheit und Einheit einsetzten. Aber auch ein Gegenrevolutionär in Gestalt des „Kartätschenprinzen“ (des späteren Kaisers Wilhelm I.) wird vorgestellt.

Deutschland & Europa: „Revolution 1848/49“

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