Widerstand
Die Länderparlamente bis hin zur kommunalen Ebene der Gemeinderäte wurden aufgelöst. Zuvor waren sie gemäß der Stimmverteilung der Reichstagswahl vom 5. März 1933 umgebildet worden, so dass die Nationalsozialisten die Gremien beherrschen konnten, auch wenn ihnen die absolute Mehrheit fehlte. Durch eine groß angelegte Kampagne gegen die Bürgermeister, die als politische Klasse angeblich korrupt und gegen das Wohl der Gemeinde gehandelt hätten, wurden fast zwei Drittel zum Rücktritt gezwungen. Nachdem die Zusammensetzung des Gemeinderats geändert worden war, bestimmte die NSDAP ihren Fraktionsvorsitzenden zum neuen Oberbürgermeister, der Gemeinderat wurde in der Folge entmachtet und alle Ebenen der zivilen Verwaltung dem „Führerprinzip“ unterstellt. Somit wurden alle Elemente der Selbstverwaltung und die Kontrollfunktionen von Beigeordneten – wie schon auf Landesebene – abgeschafft. Der Nationalsozialismus hatte es innerhalb eines knappen Jahres geschafft, das politische System zu stürzen und die gesellschaftliche Organisation zu zerschlagen. Es gab nur noch wenige kommunikative Räume, in denen man frei seine Meinung sagen konnte.
Zu Hilfe kam den Nationalsozialisten der zaghafte wirtschaftliche Aufschwung nach der Überwindung der Wirtschaftskrise. Es waren aber weniger die Programme des Autobahnbaus und anderer Prestigeprojekte, die zum Abbau der Arbeitslosigkeit führten, sondern vor allem Maßnahmen zur Schönung der Statistik: Frauen wurde die Arbeitsaufnahme untersagt, der neu gegründete Reichsarbeitsdienst – Jugendliche und junge Männer wurden zwangsweise rekrutiert, um weitestgehend unentgeltlich für staatliche Bauprojekte eingesetzt und gleichzeitig paramilitärisch ausgebildet zu werden – reduzierte die Jugendarbeitslosigkeit, und der Aufbau der staatlichen Rüstungsindustrie ab 1935 führte zur statistischen Vollbeschäftigung, während gleichzeitig der Staatshaushalt enorm belastet wurde.
Widerstand gegen den Nationalsozialismus entstand kaum. Auch in Baden und Württemberg lassen sich nur vereinzelt widerständige Aktivitäten feststellen. In Württemberg traf es noch 1933 den abgesetzten Staatspräsidenten Eugen Bolz, als er in die Stuttgarter Gestapozentrale zum Verhör bestellt wurde. Die Nationalsozialisten versammelten während des Verhörs vor dem Gebäude angebliche Demonstranten, deren Aufruhr eine angebliche Gefährdung von Bolz belegen sollte. Bolz wurde daraufhin in „Schutzhaft“ genommen, auf den Hohenasperg gebracht und schließlich in das Konzentrationslager Oberer Kuhberg bei Ulm verlegt. 1944 wurde Bolz wegen seiner Beteiligung an der Verschwörung vom 20. Juli vor den Volksgerichtshof gestellt, zum Tode verurteilt und ermordet. Er war aber beileibe nicht der einzige: Viele Kommunisten und angebliche „Republikfeinde“ teilten sein Schicksal der Inhaftierung in den Schutzhaftlagern, die sich im Laufe des Dritten Reiches in Konzentrationslager verwandelten.
Besonders zu betonen ist auch der Widerstand von Claus Schenk Graf von Stauffenberg mit seinem Putschversuch am 20. Juli 1944. Bereits 1938 versuchte Johann Georg Elser aus Königsbronn, den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges mit seinem heroischen Mordanschlag auf Hitler zu verhindern. Aber auch gesellschaftlich einflussreiche Persönlichkeiten wie Robert Bosch engagierten sich, indem sie z. B. Widerständler in Lohn und Brot nahmen oder finanzielle Hilfe leisteten.
Persönlichkeiten des Widerstands
Ebenfalls wichtig war die Rolle des katholischen Bischofs Johannes Baptista Sproll, der durch die Nationalsozialisten aus seinem Bistum verwiesen wurde und bis zum Kriegsende als einziger Bischof Deutschlands im Exil leben musste. Auch der württembergische evangelische Landesbischof Theophil Wurm engagierte sich ebenso wie sein badischer Kollege Julius Kühlewein gegen die Nationalsozialisten. Beide kritisierten insbesondere das Auftreten der Deutschen Christen und unterstützten den Pfarrernotbund sowie die „Bekennende Kirche“. Der Ulmer Bekenntnistag 1934 legte deutlich Zeugnis von der kritischen Haltung des evangelischen Klerus ab, allerdings wandte sich im Katholizismus wie im Protestantismus die Kritik immer gegen Eingriffe in die Kirche, deutliche Worte zur Shoa oder zur Inhaftierung „politischer Gefangener“ fand keiner der Amtsträger.
Neben diesen Einzelpersonen gab es eine ganze Reihe widerständiger Aktionen. Zu Beginn des Jahres 1933 wandten sich vor allem Anhänger und Abgeordnete von KPD und SPD gegen den Nationalsozialismus. Erinnert sei nur an das Kappen der Stromversorgung während der Hitler-Rede in Stuttgart. In der Stadt entwickelten sich Widerstandsgruppen wie die „Weiße Rose“, die „Edelweißpiraten“ und die „Rote Kapelle“, auf dem Land zeigte man seinen Widerstand durch das Hissen der Kirchenfahnen statt des Hakenkreuzes und durch Aufrechterhaltung und Förderung der Jugendvereine, die eine Alternative zur Hitlerjugend darstellten. Insgesamt war der Widerstand aber gering und immer vom Mut und Tapferkeit Einzelner abhängig. Koordinierte Widerstandsbewegungen gab es weder in Württemberg und Baden noch im Reich.
Gedenkstätten BW
Baden-Württemberg gedenkt an vielen Orten den Opfern des Nationalsozialismus und derjenigen, die den Mut zum Widerstand hatten.