Der Herwegh-Zug – Emma und Georg Herwegh

Deutsche Revolution in Baden 1848/49

Der Heckeraufstand war der erste große Aufstand der Badischen Revolution. Im April 1848 wollten die badischen Revolutionsführer Friedrich Hecker, Gustav Struve und andere Radikaldemokraten die Ziele der Märzrevolution in Baden durchzusetzen. 

Diese Seite beschäftigt sich ausführlich mit dem Herweghzug, einer Aktion des Heckeraufstands. Georg Herwegh führte eine Legion aus 700 Mann, der neben deutschen Emigranten auch Söldner aus einer Vielzahl europäischer Länder angehörten, von Paris nach Straßburg, um die Badische Revolution militärisch zu unterstützen. Seine Frau Emma Herwegh begleitete den Revolutionszug. Nach Heckers Niederlage wurde auch Herweghs Legion vom Militär gestellt. Herwegh flüchtete mit seiner Frau  in die Schweiz. 

Überblick: Der Heckeraufstand

Die Wege der Revolutionäre im April 1848

Im Februar 1848 hatten sich die Franzosen demokratische Freiheiten erkämpft. Auch das deutsche Volk wollte Demokratie. In Berlin und Wien gab es Unruhen. Die Fürsten gaben rasch nach, setzten neue, liberale Regierungen ein und erfüllten einige der demokratischen Forderungen. „Radikale" Demokraten wollten sich jedoch mit einer allmählichen Liberalisierung nicht zufrieden geben. Sie setzten auf das „Frankfurter Vorparlament".

Als ihre Forderungen dort kein Gehör fanden, begann in Baden der bewaffnete Kampf. Unter der Führung von Friedrich Hecker zogen im April 1848 Franz Sigel, Joseph Weißhaar und Gustav Struve von verschiedenen Orten Südbadens aus in Richtung Karlsruhe los und wollten damit eine zentrale Revolution anzustoßen. Aus Frankreich kommend stieß Georg Herwegh mit seiner Legion zu den Freischärlern.

Der Aufstand scheiterte jedoch. Der Heckerzug wurde in einzelnen Gefechten bei Kandern, Freiburg und Steinen zwischen dem 20. und 27. April 1848 von badischen und hessischen Truppen geschlagen. Hecker, Struve und viele Anhänger flohen in die Schweiz, einige von ihnen wanderten später nach Amerika aus. 

Trotz des Scheiterns und der Flucht wurde vor allem Friedrich Hecker zum Symbol des südwestdeutschen Traums von der Freiheit.

Georg Herwegh (1817–1875)

Georg Friedrich Rudolf Theodor Herwegh wurde am 31. Mai 1817 als Sohn eines Gastwirtes in Stuttgart geboren. Nach dem Gymnasium in Stuttgart besuchte Herwegh die Lateinschule in Balingen und das evangelische Seminar in Maulbronn. Seit 1835 gehörte er dem Tübinger Stift – der württembergischen „ Theologenschmiede" – an, musste dies jedoch bald „ wegen ungebührlichen Betragens“ verlassen. Dies machte auch seine vorübergehende Befreiung vom Militärdienst hinfällig. Diesem entzog er sich 1838 durch Flucht in die Schweiz. Obwohl er vom württembergischen König begnadigt wurde, lebte er von 1841 bis 1851 im wesentlichen in Paris als Schriftsteller und Journalist.

1843 heiratete Herwegh die reiche und hochgebildete Berliner Kaufmannstochter Emma Siegmund (1817–1904), auf die Herwegh viele Jahre lang finanziell angewiesen war.

Georg Herwegh führt Truppe von Paris nach Straßburg – Emma Herwegh begleitet Revolutionszug

Im Zuge der besonders im deutschen Südwesten aufkommenden revolutionären Unruhen Ende der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts entstand im Februar des Jahres 1848 – nach dem Sturz des französischen Bürgerkönigs Louis Philippe – in Paris die „Deutsche Demokratische Gesellschaft“. Präsident dieser aus deutschen Emigranten (Arbeiter und Handwerker ohne soziale Sicherheit) bestehenden Vereinigung wurde Georg Herwegh.

Als in Baden unter der Führung der radikalen Abgeordneten Friedrich Hecker und Gustav Struve ein Volksaufstand gegen den Großherzog in Karlsruhe in die Wege geleitet wurde, erwuchs aus der „Deutschen Demokratischen Gesellschaft" die „ Deutsche Demokratische Legion" mit dem Ziel, die Revolution militärisch zu unterstützen. Die rund 700 Mann starke Legion, der neben den deutschen Emigranten auch Söldner aus einer Vielzahl europäischer Länder angehörten, stand unter der politischen Führung von Georg Herwegh. Die militärische Leitung der Truppe lag in den Händen von ehemaligen preußischen und österreichischen Offizieren. Als einzige Frau begleitete Emma Herwegh den Revolutionszug.

In zwanzig Tagen marschierte die Truppe von Paris nach Straßburg. Dort suchte die Führung mit Hilfe des weiblichen Kuriers Emma Herwegh den Kontakt mit den badischen Aufständischen. Hecker wollte zunächst keine „ Einmischung von außen". Doch am 24. April 1848 setzten die nun noch 650 Freiheitskämpfer rund 100 Kilometer südlich von Straßburg bei Kleinkems über den Rhein auf badisches Gebiet. Heckers Aufstand war inzwischen blutig niedergeschlagen worden.

Flucht in die Schweiz

Auf ihrem Weg Richtung Schweiz wurde die Legion von württembergischem Militär gestellt. Herwegh flüchtete mit seiner Frau als Bauer verkleidet in die Schweiz. Auf ihn wurde ein hoher Preis ausgesetzt. Obwohl Herwegh einige Jahre später wieder in Deutschland leben durfte, wollte er in der Schweiz beigesetzt werden. Er starb am 7. April 1875 in Lichtental bei Baden-Baden. Im Schweizer Städtchen Liestal im Kanton Baselland, wo er das Bürgerrecht hatte, wurden er und später auch seine Frau begraben. 1904 wurde ihm dort ein würdiges Denkmal gesetzt.
 

Wo verlief der Herweghzug? Die Route

Kleinkems/Blasingen (Efringen-Kirchen)

Am Morgen des 24. April 1848 (Ostermontag) setzte Georg Herwegh mit seiner „Deutschen Demokratischen Legion" (ca. 650 Mann) auf die badische Rheinseite über, etwas nördlich von Kleinkems. Von Kleinkems marschierte er über Blansingen nach Tannenkirch.

Am Pfingstmontag 1849 wurde von „ Civilkommissär" Friedrich Neff aus Rümmingen eine Volksversammlung auf der Wiese neben dem Dorfgasthaus einberufen. Anwesend waren ca. 200 Personen, darunter viele Frauen und auch Schweizer. Die Versammlung „ machte mehr den Eindruck einer Kirchweih als eines politischen Aktes", die Reden überzeugten wenig.
 

Tannenkirch (Kandern-Tannenkirch)

Obwohl es in der Gegend von Militär wimmelte, kamen die rund 650 Freischärler nach kurzem Marsch über Blansingen im heutigen Kandener Ortsteil Tannenkirch an, wo sie von den Dorfbewohnern unter blühenden Kirschbäumen bewirtet wurden.

Kandern

In Kandern erfuhr Herwegh am 24. April 1848 von der Niederlage Heckers auf der Scheideck (vgl. „ Hecker-Zug"). Neues Ziel war nun Sigel mit seiner Freischar in Todtnau.

Weil in den Tälern Regierungstruppen lagerten, wandte sich die Legion den Schwarzwaldbergen zu. In den Bergdörfern Vogelbach und Marzell wurde Nachtquartier genommen.

Am zweiten Tag in Baden erklomm die schlechtgerüstete Schar den 1 079 Meter hohen Sirnitz-Pass und stieg durch das enge und steile Tal von Münsterhalden 700 Höhenmeter hinab nach Mulden, heute ein Ortsteil von Münstertal.
 

Mulden (Münstertal-Mulden)

Am 25. April 1848 kam die „Deutsche Demokratische Legion" unter Georg Herwegh durch das Münstertal. Vor dem Gasthaus „ Neumühle" machte die rund 650 Mann starke Truppe Rast. Die Bevölkerung war in die Wälder geflüchtet. Als man erkannte, dass es deutsche Legionäre waren, kamen die Menschen zurück und verpflegten die hungrigen Freischärler.

Nachdem Vorposten auf einen Trupp Hessen stießen, die in Staufen lagerten, hallten Schüsse durchs Tal, und es wurde eine Barrikade errichtet. Doch die Lage beruhigte sich wieder. Die Hoffnung Herweghs, sich am Stohren mit den 3 500 Freischärlern unter der Führung von Franz Sigel zu treffen, erfüllte sich nicht. Sigel war nach seinem Scheitern in Freiburg bereits wieder in Todtnau (siehe Sigel-Zug). Dort wollte man die beiden Legionen vereinen. Nach der Erbeutung von Waffen (neue Spieße und Gewehre) erkor man das Bergdorf Wieden zum Nachtquartier.

 

Wieden

Am Abend des 25. April 1848 erreichte die „ Deutsche Demokratische Legion" über den Wiedener Eck-Pass (1 037 m) das Gebirgsdorf Wieden. Weil sich die Einquartierung durch die weit verzweigte Lage des Dorfes als schwierig erwies, steckte man in das Hirschen-Wirtshaus in der Dorfmitte nicht weniger als 250 Legionäre, die dort nächtigten und unter „ tüchtiger Mithilfe von Emma Herwegh" auch verpflegt wurden. Bedingt durch Sigels Niederlage in Freiburg (siehe Sigel-Zug) hielten Herwegh und seine Truppenführer noch in der Nacht in der Wirtsstube des „ Hirschen" Kriegsrat. Es wurde ein geordneter Rückzug über das Gebirge in die Schweiz beschlossen. Über die verschneiten Ausläufer des Belchen marschierten die schlecht ausgerüsteten Freiheitskämpfer ins kleine Wiesental durch Neuenweg, Bürchau und Elbenschwand und dann über den Blauen-Pass hinunter ins Städtchen Zell im großen Wiesental.
 

Zell i. Wiesental

Am Abend des 26. April 1848 zog die „ Deutsche Demokratische Legion" in das Städtchen Zell ein. Eigentlich wollten die übermüdeten Freischärler Nachtquartier nehmen. Doch weil im nahen Schopfheim 1 500 württembergische Soldaten und talauf in Schönau ebenfalls Regierungstruppen lagen, reifte nach mehrstündiger Rast und dem Bau einer Barrikade der Entschluss, noch in der Nacht in Richtung Rheinfelden und Schweizer Grenze weiterzuziehen. Auf der Treppe des Gasthauses „ Löwen" hielt Emma Herwegh eine glühende Rede, um die erschöpften Legionäre vom Vorteil des nächtlichen Weiterzuges zu überzeugen. Auch die der Revolution wohlgesonnene Bevölkerung Zells war schließlich erleichtert, als die Legion kurz vor Mitternacht die Stadt verließ, denn eine Schlacht im engen Talkessel wäre auch für sie eine böse Geschichte geworden. Nach der schwierigen Überwindung des Hohe-Möhr-Massivs in der Dunkelheit und auf unwegsamem Gelände kam die ungeordnete und völlig erschöpfte Schar am Vormittag des 27. April 1848 über die Gemarkung Hasel in das Dorf Dossenbach. 
 

Dossenbach (Schwörstadt-Dossenbach)

Als die hungrigen Freischärler am 27. April 1848 gegen 9 Uhr in Dossenbach einzogen und auf Nahrungssuche waren, fielen plötzlich Schüsse. Rund 300 Württemberger unter Hauptmann Friedrich Lipp stießen auf die Nachhut der Legion und eröffneten sofort das Feuer. Oberhalb des Ortes kam es zur „ Schlacht von Dossenbach", bei der die rund 600 Legionäre zwar tapfer kämpften, doch schließlich den sehr gut gerüsteten und straff geführten württembergischen Truppen unterlagen. Reinhard Schimmelpfennig, der Anführer der Sensenabteilung, hatte sich mutig gewehrt, fiel aber, wie neun seiner Kameraden, unter den Schüssen und Bajonettstichen der Soldaten. Viele der Freischärler wurden gefangen genommen, andere entkamen unter Lebensgefahr in die nahe Schweiz. Herwegh und seiner Frau Emma gelang unter Mithilfe des Karsauer Bauern Jakob Bannwarth die Flucht über die Rheinbrücke in das schweizerische Rheinfelden.
 

Liestal (Baselland, Schweiz)

Bereits im Jahre 1838 war Georg Herwegh in die Schweiz emigriert. Er lebte zunächst in Zürich. Im Jahre 1841 machte ihn sein Gedichtband „ Gedichte eines Lebendigen" im ganzen deutschsprachigen Raum bekannt. 1843 erhielten er und Emma Herwegh-Siegmund in der Gemeinde Augst (Baselland) das Bürgerrecht. Sie wohnten jedoch nie in Augst, sondern in Paris, Genf und wiederum in Zürich. 1866 zog die Familie Herwegh nach Baden-Baden. Dort starb Georg Herwegh am 7. April 1875 im Alter von 58 Jahren (vgl. Lebenslauf). In der Schweizer Stadt Liestal bei Basel liegt er - wie es sein Wunsch war - „ in freier republikanischer Erde" begraben. Als Emma Herwegh 1904 starb, wurde auch sie dort bestattet. Noch im selben Jahre erfolgte in Liestal die Einweihung eines monumentalen Herwegh-Denkmals. Schweizer Arbeitervereine und Arbeiterchöre huldigten dabei dem „Dichter der Freiheit".

Broschüre: Wege der Revolutionäre - Wanderrouten Deutsche Revolution in Baden 1848/49

Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg hat 150 Jahre nach der Deutschen Revolution in Baden die Wanderrouten den Weg der Revolutionäre von 1848/49 nachgezogen. Die Broschüre zur Wanderroute des Herweghzugs beschreibt im Einzelnen, was heute zu sehen ist, was damals geschah und wie man heute wandern kann.

Wanderroute: Herweghzug (PDF)

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