Der Hecker-Zug – Friedrich Hecker

Deutsche Revolution in Baden 1848/49

Der Heckeraufstand war der erste große Aufstand der Badischen Revolution. Im April 1848 wollten die badischen Revolutionsführer Friedrich Hecker, Gustav Struve und andere Radikaldemokraten die Ziele der Märzrevolution in Baden durchzusetzen. 

Diese Seite beschäftigt sich ausführlich mit dem Hecker-Zug, der Hauptaktion des Heckeraufstands. Dabei zog eine Freischar von mehreren hundert Bewaffneten unter Friedrich Heckers Führung von Konstanz in Richtung Karlsruhe, um dort gemeinsam mit weiteren Freischaren die Regierung zu stürzen. 

Überblick: Der Heckeraufstand

Die Wege der Revolutionäre im April 1848

Im Februar 1848 hatten sich die Franzosen demokratische Freiheiten erkämpft. Auch das deutsche Volk wollte Demokratie. In Berlin und Wien gab es Unruhen. Die Fürsten gaben rasch nach, setzten neue, liberale Regierungen ein und erfüllten einige der demokratischen Forderungen. „Radikale" Demokraten wollten sich jedoch mit einer allmählichen Liberalisierung nicht zufrieden geben. Sie setzten auf das „Frankfurter Vorparlament".

Als ihre Forderungen dort kein Gehör fanden, begann in Baden der bewaffnete Kampf. Unter der Führung von Friedrich Hecker zogen im April 1848 Franz Sigel, Joseph Weißhaar und Gustav Struve von verschiedenen Orten Südbadens aus in Richtung Karlsruhe los und wollten damit eine zentrale Revolution anzustoßen. Aus Frankreich kommend stieß Georg Herwegh mit seiner Legion zu den Freischärlern.

Der Aufstand scheiterte jedoch. Der Heckerzug wurde in einzelnen Gefechten bei Kandern, Freiburg und Steinen zwischen dem 20. und 27. April 1848 von badischen und hessischen Truppen geschlagen. Hecker, Struve und viele Anhänger flohen in die Schweiz, einige von ihnen wanderten später nach Amerika aus. 

Trotz des Scheiterns und der Flucht wurde vor allem Friedrich Hecker zum Symbol des südwestdeutschen Traums von der Freiheit.

Friedrich Hecker (1811-1881)

Friedrich Franz Karl Hecker wurde am 23. September 1811 in Eichtersheim (Baden) geboren. Nach der Schulzeit in Mannheim studierte er in Heidelberg und München Jura und Geschichte. Anschließend war Hecker Advokat in Mannheim und ab 1842 als jüngstes Parlamentsmitglied Abgeordneter der Zweiten Badischen Kammer, wo er zur Gruppe der äußersten Linken gehörte.

1846 durch seine Landtagsrede zum Schleswig-Holstein-Konflikt in ganz Deutschland bekanntgeworden, legte er im Frühjahr 1847 aus Protest gegen die beginnende Auflösung der Oppositionsfront sein Mandat nieder. Als Redner beteiligte er sich an den beiden Offenburger Versammlungen im September 1847 und im März 1848. Er war Verfasser der „Märzforderungen" nach Redefreiheit, Pressefreiheit, gleicher und gerechter Besteuerung, Auflösung aller feudalen Privilegien, freien Wahlen, Vereinigung der 38 Einzelstaaten zu einer deutschen Republik und nach grundlegenden demokratischen Rechten.

In Mannheim beteiligte sich Hecker an fast allen revolutionären Kundgebungen und Versammlungen. Dort wurde er auch im März 1848 zum Obersten und Kommandanten der Bürgerwehr gewählt.

Bei der Heidelberger Konferenz der süddeutschen Oppositionspolitiker am 5. März 1848 forderte Hecker erstmals die Republik und bezeichnete sich selbst als Sozialdemokrat. Bei der zweiten Offenburger Versammlung am 19. März 1848 wählte man Hecker zum Obmann des Zentralausschusses der Vaterländischen Vereine in Baden.

Aufruf in Konstanz zum bewaffneten Widerstand

Nachdem er nicht in den Frankfurter Fünfziger-Ausschuß gewählt worden war, verließ Hecker am 9. April 1848 Mannheim, um sich über das Elsass und die Schweiz ins badische Oberland zu begeben. Dort plante er einen Volksaufstand. Am 11. April 1848 rief er in Konstanz die Bevölkerung des Seekreises zur bewaffneten Erhebung auf. Dabei überschätzte er die Revolutionsbereitschaft der südwestdeutschen Landbevölkerung und stieß auch vor Ort kaum auf Resonanz.

Am 13. April 1848 verließ er mit ca. 30 Männern Konstanz – wahrscheinlich ohne vom Balkon des Konstanzer Stadthauses aus die Republik auszurufen, wie die Literatur oft behauptet hat. Ziel war, auf dem Weg nach Karlsruhe möglichst viele Aufständische zu gewinnen. Am ersten Tag zog Hecker über Allensbach und Radolfzell nach Stockach, wo Struve bereits Quartier gemacht hatte.

Am 14. April 1848 setzte Friedrich Hecker als selbsternannter Obmann der provisorischen Regierung sämtliche Regierungsbehörden des Seekreises ab, was die Volksversammlung in Konstanz zunächst ablehnte. Erst nach der Drohung, Tausende von aufständischen Bauern würden die Stadt besetzen, trat die Regierung zurück. Von Stockach führte der Hecker-Zug über Nenzingen, Eigeltingen, Aach weiter nach Engen, wo die zweite Nacht verbracht wurde.

Struve war auch nach Donaueschingen vorausgezogen und erwartete Hecker.Weil jedoch dort bereits württembergische Soldaten waren, mußte Hecker am 15. April 1848 über Geisingen und Pfohren an Donaueschingen vorbeiziehen und nach Süden ausweichen. Nach einer Nacht in Zollhaus versuchte er am 16. April 1848, über Stühlingen und Bonndorf wieder nach Norden zu kommen, musste aber am 17. April bei Lenzkirch, Menzenschwand erneut über Bernau nach Süden. Am 18. April erreichte er über Präg das Wiesental, das er abwärts zog und wo er die Nacht zum 19. April in Schopfheim verbrachte.

Der erneute Vorstoß nach Norden über Steinen und Kandern endete am 20. April 1848 - bereits auf dem Rückzug - mit der militärischen Niederlage auf der Scheideck.

Flucht in die Schweiz

Hecker flüchtete in die Schweiz. Am 3. Mai 1848 verlangte die Großherzogliche Regierung in Karlsruhe seine sofortige Auslieferung, was von Basel entschieden abgelehnt wurde. In Abwesenheit wurde Hecker zweimal in Tiengen zum Abgeordneten der Nationalversammlung gewählt, konnte jedoch sein Mandat nicht antreten.

Hecker resignierte und emigrierte im September 1848 von Muttenz im Kanton Baselland in die USA. 1849 von Gesinnungsfreunden nach Baden zurückgerufen, erreichte er vor dem Einmarsch der Preußen jedoch nur Straßburg und fuhr wieder zurück nach Amerika, wo er sich in der Nähe von Belleville (Illinois) als Viehzüchter und Weinbauer betätigte. Außerdem engagierte er sich auf Seiten der Republikanischen Partei z.B. für die Präsidentschaft Lincolns. Er übte selbst kein politisches Amt aus, beteiligte sich jedoch am Bürgerkrieg gegen die Südstaaten.

Bei einem Besuch in Deutschland 1873 wurden ihm mehrfach Reden untersagt, weil er zwar die Reichsgründung begrüßte, jedoch eine Republikanisierung forderte.

Hecker starb am 24. März 1881 im 70. Lebensjahr in Summerfield/ Illinois. Bereits 1848 war ein Personenkult um ihn entstanden (Lieder, Bilder etc.). In den USA erinnern Denkmäler in St. Louis und Cincinnatti an ihn.

Wo verlief der Heckerzug? Die Route

Konstanz

Die Nachricht von der französischen Februarrevolution fiel bei den Bewohnern von Konstanz auf besonders fruchtbaren Boden, war hier doch radikaldemokratisches Gedankengut durch die von Joseph Fickler redigierten „Seeblätter" und durch die Tätigkeit der vor den Toren der Stadt, auf Schweizer Seite, gelegenen Verlagsdruckerei Römerburg/Bellevue schon seit längerem verbreitet worden. Erste Allgemeine Bürgerversammlung am 5. März 1848. Einsetzung eines permanenten Komitees. Erweiterung des Komitees am 13. März 1848 durch Vertreter ausgesprochen revolutionärer Positionen, darunter auch der sehr populäre Joseph Fickler. Volksversammlung am 16. März 1848: Rufe nach Einführung einer Republik. Aufstellung einer 400 Mann starken Bürgerwehr am 26. März 1848 unter Führung Franz Sigels, später Gründung eines Turnvereins zur Unterstützung der Volksbewaffnung (unter der provisorischen Leitung Ficklers) und eines Arbeitervereins. Radikalisierung der kritischen Opposition durch die Verhaftung Joseph Ficklers in Karlsruhe am 8. April 1848 auf Veranlassung seines früheren Freundes Karl Mathy.

Am 11. April 1848 traf Hecker in Konstanz ein. Auf einer für den nächsten Tag einberufenen Volksversammlung im Saal des Stadthauses fanden sein Vortrag und Aufruf zum bewaffneten Kampf indes nicht die erwartete Resonanz bei der Mehrheit der Anwesenden. Ein vielfach geäußertes Argument gegen Hecker lautete, man solle doch nicht "Gut und Blut" aufs Spiel setzen, wo demnächst Wahlen für die Nationalversammlung in Frankfurt stattfinden würden, mithin eine freiheitliche politische Entwicklung auf friedlichem Weg garantiert zu sein schien.

Am 13. April 1848 versammelten sich frühmorgens auf der Marktstätte mehr als 150 Männer, die zunächst gewillt waren, dem Aufruf Heckers zu folgen. Als aber die Führer der Aufgebote erklärten, daß ein bewaffneter Zug nicht zu verantworten sei, folgten nur rund 30 Mann dem Revolutionszug mit Hecker, der den ehemaligen preußischen Offizier August von Willich zum militärischen Oberbefehlshaber bestimmt hatte. So begann das Unternehmen "republikanische Schilderhebung" mit einer großen Enttäuschung, denn Hecker hatte allein aus dem bekanntermaßen oppositionsfreundlichen Seekreis mit Hunderten von Teilnehmern gerechnet. Erst im Lauf der nächsten Tage folgten noch einzelne Gruppen nach (Vgl. Sigel-Zug: Konstanz-Wollmatingen). Erboste Bauern der Gegend drohten dem allzu zurückhaltenden Stadtrat mit der Besetzung der Stadt, sofern er seine zögerliche Haltung nicht ändern sollte.
 

Allensbach

Friedrich Hecker sprach am 13. April 1848 im Allensbacher Rathaus zu den versammelten Einwohnern; seine Truppe wurde durch gut bewaffnete Allensbacher Freischärler wesentlich verstärkt.

Radolfzell

Noch vor der Heckerschen Erhebung hatten sich in Radolfzell und den umliegenden Gemeinden die Bürgerwehren Waffen beschafft. Radolfzells Bürgermeister Mohr stand den oppositionellen Anliegen sehr kritisch gegenüber, so daß die Radolfzeller Bevölkerung beim Einzug der Heckerkolonne am 13. April 1848 unverhohlene Ablehnung zeigte. Dagegen stieß ihr Auftreten bei den Bewohnern der heutigen Ortsteile Markelfingen und Stahringen auf deutlich größere Resonanz. Hecker erhielt Zulauf von ca. 50 Freischärlern, das stärkste Kontingent davon aus Markelfingen.

Anfang 1849 gab es erste Versuche, einen politischen Verein ins Leben zu rufen. Für einige Monate hielten die Anhänger der "Umsturzpartei" das Zepter in der Hand. So wurde Bürgermeister Mohr am 15. Juni 1849 abgesetzt, was ihn beinahe das Leben gekostet haben soll. Nachfolger Mohrs wurde vorübergehend der Kaufmann Dominik Noppel. Offenbar ohne erkennbaren Widerstand rückten in der Spätphase der Dritten Badischen Revolution am 10. und 11. Juli 1849 hessische Truppen, von Singen her kommend, nach Radolfzell und Umgebung ein. Es folgten auch im Seekreis jahrelange Einquartierungen und starke finanzielle Belastungen in Form von Entschädigungszahlungen.
 

Wahlwies

Als Friedrich Hecker mit seiner Freischärlerkolonne am 13. April 1848 nach Wahlwies kam, hatte die Bevölkerung an der Brücke über die Stockacher Aach einen Triumphbogen mit der Aufschrift "Vivat Republik" errichtet und begrüßte die Aufständischen mit großem Jubel. Schon vorher hatten die Wahlwieser ihre Begeisterung für die Revolution gezeigt: "Da tönen von vier Seiten Böllerschüsse entgegen. Eine Deputation von ca. 20 Mann, im Négligé (in Zivil), aber mit der schwarz-rot-gelben Fahne, kommt der Kolonne entgegen... Der erste Brauer eilte, mit einem Fäßchen Bier, um die Truppe gratis zu erquicken, ebenso ein anderer Wirt mit Wein...".
 

Stockach

Im Zusammenhang mit den badischen Aufständen 1848/49 nahm der einstige Hauptort der vorderösterreichischen Landgrafschaft Nellenburg einen besonderen Rang ein. Nach der enthusiastisch bejubelten Proklamation der Deutschen Republik durch Joseph Fickler am 9. März 1848 führte die allgemeine Begeisterung am 11. März 1848 zur Gründung eines Ausschusses für Volksbewaffnung.

Am 13. April 1848 traf Hecker mit seinem nach wie vor recht spärlichen Zug in Stockach ein. Bereits einen Tag zuvor hatte Gustav Struve erste organisatorische Maßnahmen in die Wege zu leiten versucht. Als Hecker am Tag darauf in Richtung Engen und Donaueschingen weiterzog, war sein Kontingent auf immerhin 300 Mann angewachsen.

Stockach wurde nur drei Tage später von 380 Mann eines bayerischen Armeekommandos besetzt, die im Juli 1848 von einem württembergischen abgelöst wurden. Zwischen September und dem Jahresende 1848 hielt sich außerdem ein Teil des K.K. Österreichischen Infanterieregiments "Herzog Wellington" in der Stadt auf.

Im Januar 1849, nach der Proklamation der Grundrechte des deutschen Volkes durch die Paulskirche, kam es allein im Amtsbezirk Stockach zur Gründung von 18 republikanischen Vereinen. Auch etablierte sich eine städtische Bürgerwehr, deren drei Aufgebote insgesamt 268 Mann umfaßten. Nach der Schlacht bei Waghäusel am 21. Juni 1849 wurde Stockach von fast 1000 Mann hessischer Infanterie und Kavallerie besetzt, später folgten bis zum 1. Januar 1852 württembergische, preußische und badische Besatzungstruppen, die alle aus der Stadtkasse finanziert werden mußten und diese aufs schwerste belasteten. Von den Stockacher Aktivisten bei der Revolution 1848/49 wurden insgesamt 20 Mitbürger wegen Hochverrats angeklagt.
 

Nenzingen (Orsingen-Nenzingen)

In der Gemeinde herrschte eine durchaus oppositionelle Grundstimmung, denn Teile der Waldbesitzungen waren 1829 im Tausch von der großherzoglichbadischen Verwaltung an die Grafschaft Langenstein gefallen, was für die Einwohnerschaft eine deutliche Verschlechterung ihrer Nutzungsrechte bedeutete. Fortan wurde nicht nur der Preis für den regelmäßigen Holzschlag erhöht, sondern die neuen Besitzer verboten auch, Streulaub, Eicheln und Lesholz unentgeltlich zu sammeln. Am 6. April 1848 formulierte die Gemeinde darum eine Eingabe an die gräfliche Forstverwaltung, in der die ursprünglichen Nutzungsrechte bzw. -bedingungen eingefordert wurden. Die Langensteinsche Forstverwaltung erklärte sich Ende Juli 1848 dazu bereit, den ursprünglichen Zustand wiedereinzuführen, um die erhitzten Gemüter zu beruhigen.

Der 14. April 1848 war ein kalter und verregneter Tag, und entsprechend gedrückt war die Stimmung bei den Freischärlern, zumal sich auch in Nenzingen erneut deutlich weniger Männer dem Zug anschlossen, als von Hecker ursprünglich erwartet. Hecker und seine Gefolgsleute zogen nach kurzem Aufenthalt weiter nach Eigeltingen.
 

Eigeltingen

Noch im März 1848 waren die Bemühungen der Eigeltinger Bürgerwehr, die - mit insgesamt 170 Männern, darunter ein kleineres Artilleriekorps mit zwei kleinen Kanonen und 25 Scharfschützen – fleißig exerzierte und das Schloß Langenstein bei Tag und Nacht bewachte, vom Langensteinschen Rentamtmann lobend erwähnt worden.

Doch beim Einzug der Heckerschen Truppe um die Mittagszeit des 14. April 1848 wurde den Aufständischen von der Eigeltinger Bevölkerung ein begeisterter Empfang bereitet. Böllerschüsse ertönten, Hecker hielt eine kurze Ansprache vor dem Gasthaus Mohren (Abb.), heute Apotheke, und die beiden Kanonen wurden als erste „republikanische Feldgeschütze" mitgenommen. Außerdem schlossen sich einige Einwohner (die genaue Zahl läßt sich nicht mehr ermitteln) - mit Gewehren versehen - der weiterziehenden Kolonne an. Entsprechend stark war Eigeltingen nach der Niederschlagung des Aufstands von Truppeneinquartierungen betroffen. Dennoch hielt der katholische Pfarrer Friedrich Benitz nach der Ermordung des Paulskirchenabgeordneten Robert Blum im Dezember 1848 eine gut besuchte Totenfeier ab.

Im Frühjahr 1849 bildete sich auch hier ein demokratischer Volksverein, und am 20. Mai 1849 fand eine Volksversammlung mit 3 000 Teilnehmern statt, bei der zum Kampf gegen die sich der Reichsverfassung widersetzenden Fürsten aufgerufen wurde. Darüber hinaus verhafteten einige Mitglieder des Volksvereins auf Beschluß des Gemeinderats den Gendarmen Stehle, der wegen seiner Schnüffeldienste für die großherzoglichen Behörden allgemein verhaßt war. Nach dem Scheitern der Revolution hatten sich die an der Inhaftierung Beteiligten gerichtlich zu verantworten. Der Gesangverein wurde 1851 vom Großherzog verboten.
 

Aach

In Aach ergab sich für die am 14. April 1848 durchziehende Freischärlerkolonne ein ähnliches Bild wie zuvor in Eigeltingen: Auch hier war die Stimmung eindeutig prorepublikanisch, aufmunternde Zurufe und die Segenswünsche einiger Jungfrauen dürften der Motivation der Truppe bestimmt zuträglich gewesen sein.

Engen

Die Amtsstadt Engen zählte 1848/49 zu den Hochburgen der Radikalen in Südbaden. Zehn Tage nach der Offenburger Versammlung vom 19. März 1848 versammelten sich im Altdorf ungefähr 3 000 Personen aus dem ganzen Seekreis, um die in Offenburg gefassten Beschlüsse zu diskutieren. Auf der vierstündigen Veranstaltung wurde die Republik gefordert und zwölf Deputierte für das Vorparlament gewählt, deren Wahl in Frankfurt aber nicht anerkannt wurde.

Beim Einzug Heckers am 14. April 1848 war nicht nur der Empfang durch die Bevölkerung euphorisch, sondern erstmals auch der Zulauf aktiver Marschwilliger beachtlich. Vor dem Abmarsch, am 15. April morgens, traf Emma Herwegh (vgl. Herwegh-Zug) auf geheimer Mission in Engen ein, um Hecker die Hilfe der ca. 700 Mann starken "Demokratischen Legion", die seit Tagen in Straßburg stand, anzubieten. Hecker aber war alles andere als erfreut, befürchtete er doch, daß die von der großherzoglichen Regierung schon seit Wochen geschürte "Franzosenangst" bei einer Vereinigung mit Herweghs Truppe ein schlechtes Bild auf das eigene Unternehmen werfen könnte.

Auch beim Struve-Zug im September 1848 kam es zu neuen Unruhen in Engen. Am Morgen des 2. Oktober 1848 wurde die Stadt deshalb von österreichischem Militär umstellt und im Verlauf von drei Tagen insgesamt 40 Oppositionelle verhaftet. Auch in Engen gab es eine imposante Totenfeier für Robert Blum. Nach dem Ausbruch der Badischen Revolution im Mai 1849 kaufte die Bevölkerung fieberhaft Waffen - vor allem im nahen Schaffhausen -, um die Revolution gegebenenfalls militärisch verteidigen zu helfen. Jedoch blieben  alle Anstrengungen vergebens: Am 9. Juli 1849 rückten hessische Truppenverbände auf die Stadt zu, die durch eine Abordnung des Gemeinderats begrüßt werden mußten.

Pfohren (Donaueschingen-Pfohren)

Hecker kam mit den Freischärlern am 15. April 1848 durch Pfohren. Nach Donaueschingen selbst konnte er mit seinen Männern nicht hinein, da dort bereits Militär stand (s. unten).

Donaueschingen

Donaueschingen, seit 1844 Sitz eines Bezirksamts, gehörte zur Standesherrschaft der Fürsten zu Fürstenberg und war deren Residenzstadt. Ein Edikt aus dem Jahr 1823 zwischen den Fürsten und dem badischen Staat hatte ersteren eine Anzahl von Sonderrechten eingeräumt, weshalb sich die Bauern selbst im regionalen Vergleich deutlich benachteiligt fühlen mußten. Sehr früh hatte in Donaueschingen die republikanische Agitation eingesetzt. Am 8. März 1848 wurde auf den Rübäckern (dem späteren Bahnhofsareal) eine Volksversammlung mit 4 000 Teilnehmern abgehalten, bei welcher die auch andernorts erhobenen Forderungen nach Pressefreiheit, Schwurgerichten, Volksbewaffnung, einem deutschen Parlament und gerechteren Steuern aufgestellt wurden. Nur zwei Tage später erfolgte die allgemeine Bürgerbewaffnung. Immerhin über 300 Mann, darunter gezwungenermaßen auch der Erbprinz und seine beiden jüngeren Brüder, traten in die Bürgerwehr ein.

Für den 14. April 1848 hatte Hecker, der Donaueschingen entscheidendes strategisches Gewicht beimaß, die Bewohner der umliegenden Amtsbezirke zu einer bewaffneten Volksversammlung nach Donaueschingen eingeladen. Gustav Struves Auftreten zuvor änderte jedoch nichts an der Tatsache, daß die Veranstaltung nur auf eine geringe Resonanz stieß. Als Hecker am 15. April 1848 auf Donaueschingen zumarschierte, mußte er zu seiner großen Enttäuschung erfahren, daß sich nur 200 bis 300 bewaffnete Oppositionelle in der Stadt befanden und gleichzeitig württembergisches Militär von Nordosten anrückte. Struve hatte inzwischen in einer Verhandlung mit dem württembergischen General von Miller erreicht, daß die Republikaner ungehindert die Stadt räumen konnten und die Württemberger sich bis zur Dämmerung ruhig verhalten würden. Fast gleichzeitig rückte Heckers Haupttrupp mit ca. 800 Mann von Pfohren heran, was die Kampfeslust der noch in Donaueschingen Stehenden ungemein steigerte. Enttäuschung und Unmut über die de facto-Kapitulation waren groß. Statt dessen mußte Hecker nun umdisponieren. Über Pfohren ging es weiter südwestwärts, neues Zwischenziel war Todtnau.

In Donaueschingen kam es nach dem Einzug der Württemberger zu einer Verhaftungswelle (u.a. auch Bürgermeister Rau), die allein schon dafür sorgte, daß der demokratische Gedanke nicht erlosch.

Zollhaus (Blumberg-Zollhaus)

Nach vorausgegangener Übernachtung in Riedböhringen in der, Nacht vom 15. zum 16. April 1848 marschierte die Heckerkolonne über Zollhaus weiter nach Stühlingen. Das Wetter hatte sich noch verschlechtert, mittlerweile lag Neuschnee. Drei Tage später wurden in Zollhaus 40 Freischärler aufgegriffen, die sich nach dem Gefecht von Steinen in ihre Heimatgemeinden absetzen wollten. Die müden und desillusionierten Männer wurden entwaffnet, durften aber weiterziehen.

Stühlingen

Auch in Stühlingen, seinerzeit noch Sitz eines zum Seekreis gehörenden Amtsbezirks, herrschte im Frühjahr 1848 eine revolutionäre Grundstimmung. In der Nacht vom 11. auf den 12. März 1848 wurde ein sogenannter Freiheitsbaum errichtet, begleitet von Gesang, Geschrei und Schießen. Amtmann Frey mußte seiner Behörde melden, daß die Bauern keine Steuern mehr bezahlten und daß Waren aus der Schweiz unverzollt eingeführt würden. Schon Mitte des Monats bat der Gemeinderat um die behördliche Genehmigung, fünfzig bis hundert Gewehre für die Bürgerwehr anschaffen zu dürfen. Schließlich kaufte Büchsenmacher Wikenhauser in Konstanz vierzig Gewehre. Die erforderlichen 300 Gulden wurden der Stadt von Bürgern zur Verfügung gestellt. In einer am 8. April 1848 von 160 Teilnehmern besuchten Versammlung wurde erklärt, daß Amtsvorstand Frey und Bezirksförster Wannemacher das Vertrauen der Gemeinde verloren und Stühlingen innerhalb von 24 Stunden zu verlassen hätten, da man ansonsten nicht länger für ihre Sicherheit garantieren könne. Etwa zur selben Zeit hielt Rechtsanwalt Josef Grüninger vor der Apotheke eine flammende Rede, in der er die Einführung einer Reichsverfassung, die Einsetzung eines Reichsoberhaupts und die Beseitigung der kleinen Fürstentümer forderte.

Am 16. April 1848, Palmsonntag, zog Heckers Kolonne durch das Städtchen. Durch Gemeindebeschluß war festgelegt worden, dass sich das erste und zweite Aufgebot der Bürgerwehr zu beteiligen hätten. Insgesamt 84 Stühlinger schlossen sich an. Einen Tag später waren 1 200 bis 1 400 Freischärler des Sigel-Zugs einquartiert (vgl. Sigel-Zug).

Wegen der beschriebenen politischen Ausrichtung der Stühlinger gestaltete sich die Besatzungszeit sehr schwierig. Bis zum 12. Juni 1848 hatte die Gemeinde schon fast zweitausend Gulden für einquartierte Soldaten - wechselweise Württemberger und Bayern - ausgeben müssen.

Im Frühjahr 1849 trat auch hier der Volksverein in Aktion. Sein Verlangen, die Bürgerwehr zu organisieren, wurde vom Gemeinderat abgelehnt. Er mußte sich jedoch einer Anordnung des provisorischen Landesausschuß am 16. Mai 1849 beugen. Über die tatsächliche Beteiligung der Bürgerwehr ist nichts mehr festzustellen.

Insgesamt dauerte die Besatzungszeit bis 1851 und wurde für die Gemeinde immer drückender. Die Stühlinger Freischärler hatten im  einzelnen schwer unter Maßregelungen zu leiden. Vor dem "Rebstock" wurden sie wiederholt ausgepeitscht. Es kam verschiedentlich zu Amtsenthebungen und Beschlagnahmen von Besitz. Dem "Hirsch-Wirt" wurde die Posthalterei genommen. Mehrere Bürger, darunter Rechtsanwalt Grüninger, mußten in die Schweiz fliehen.

Bonndorf

In seiner Schrift über den republikanischen Aufstandsversuch stellt Hecker fest: "Bonndorf galt stets für eine radicale Stadt." Beispielsweise war Karl Theodor Welcker, der theoretische Kopf der frühliberalen Kammeropposition, von 1842 bis 1847 Abgeordneter für den Wahlbezirk Bonndorf. Allerdings muß in der Gemeinde auch ein großer Prozentsatz von loyalen, dem Großherzog verpflichteten Bürgern gelebt haben, wie die Auseinandersetzung um den konservativen katholischen Pfarrverweser Franz Sales Kunle zeigt. Gegen Kunle hatte es wegen seines erzieherischen Gebarens schon seit längerem Einwände gegeben, die dann am 2. April 1848 zum regelrechten Tumult ausarteten. Nach dem Rücktritt des Bürgermeisters Josef Hiltmann und des ganzen Gemeinderates setzten sich die Kandidaten der kath. Partei durch.

Am 16. April 1848 wurde Bonndorf zu einer Station des Hecker- Zuges. Zwischen vier und fünf Uhr nachmittags rückten die mittlerweile etwa 800 Freischärler in die Stadt ein. Die erhoffte Ruhe der müden Aufständischen wurde schnell gestört: Der Alarm wegen angeblich anrückender württembergischer Truppen erwies sich aber als Falschmeldung. Trotzdem beschwörten der republikanische Ochsenwirt Riggler und spät nachts auch Heckers Bruder, der extra aus Freiburg angereiste Chirurg und Universitätsprofessor Karl Hecker, den Kopf der Revolutionäre, von seinem Unternehmen abzulassen. Früh am nächsten Morgen brach die Kolonne nichtsdestotrotz in Richtung Lenzkirch auf, etliche Männer aus Bonndorf und Umgebung schlossen sich an.

Die Demokraten bauten ihren politischen Einfluß aus und forderten den Landtagsabgeordneten Welcker wegen seines Abstimmungs-verhaltens anläßlich des von Preußen abgeschlossenen Malmöer Waffenstillstands mit den Dänen zum Rücktritt auf. Im Frühjahr 1849 gründete Hiltmann einen Volksverein, dem alsbald 40 Mitglieder angehörten. Hiltmann wurde bei den Wahlen zur Konstituierenden Versammlung im Juni 1849 im Wahlbezirk Bonndorf zum Abgeordneten gewählt. Nach der Niederlage zogen am 7. Juli 1849 die Reste des geschlagenen Freiheitsheeres durch Bonndorf.

Lenzkirch

Nach dem Einzug der Revolutionäre am 17. April 1848 hielt Friedrich Hecker auf der Treppe des Gasthofs "Zum Rößle" eine Ansprache an die Bewohner. Wie viele Lenzkircher sich dem Zug letztlich anschlossen, ist ungewiß. Gegen etwa ein halbes Dutzend Lenzkircher wurde später von den großherzogl. Behörden eine Untersuchung eingeleitet. Da der Weg durch das Höllental nach Freiburg bereits von einem massiven Truppenaufgebot versperrt wurde, entschloß sich Hecker zu einem Umweg über den Südschwarzwald nach Bernau. In Lenzkirch traf Hecker auch mit seinem Verbindungsmann zu den Offenburger Republikanern, dem Arzt Dr. Barth, zusammen, dem er den Auftrag erteilte, gleich am nächsten Tag den bewaffneten Aufstand in Offenburg zu wagen. Dieser endete in einem Fiasko.

Die Kunde davon veranlaßten den "Stern-Wirt" Faller von Höllsteig und Paul Tritscheller, Sohn des Rößlewirts von Lenzkirch, Alarm zu schlagen. Bewaffnet mit Stutzen, Flinten und Musketen zogen 300 Mann, an den Kirchsteig nach Neustadt, um längs des Waldes die Straße zu decken, die General v. Gayling auf dem Weitermarsch nach Löffingen passieren sollte. Paul Tritscheller verbreitete unter den Soldaten, daß überall von Neustadt bis Donaueschingen Bürgerwehr und Freiwillige die Straße deckten, um ihnen den Durchmarsch zu verwehren. Nach einem Gespräch führte der General seine Truppen nach Freiburg zurück. Paul Tritscheller wurde nach dieser Tat von den Männern der Kompanie Lenzkirch einstimmig zum Haupt-mann gewählt. Mit den drei anderen Kompanien des Amtsbezirks Neustadt, zogen die Lenzkircher über Säckingen nach Lörrach, insgesamt etwa 800 Mann. In einem Schreiben, das ein Bote überbrachte, teilte der alte Rößlewirt seinem Sohn mit, daß im Rößle Cle-mens Brentano, das Haupt der Badischen Regierung, auf der Durch-reise in die Schweiz in Begleitung gegessen habe. Paul Tritscheller begab sich für sechs Wochen in die Schweiz. Nach der Rückkehr wurde er verhaftet und für zwei Jahre unter Polizeiaufsicht gestellt.

Bernau

Bereits im März 1848 herrschte in Bernau eine durchaus revolutionsbereite Stimmung. Viele junge Männer weigerten sich nach der Rede Weißhaars auf der Offenburger Demokratenversammlung, der Einberufung zum badischen Militär Folge zu leisten. Der daraufhin in der Gemeinde vorstellig gewordene Amtmann Laroche aus St. Blasien wurde von der Bevölkerung mit Schimpf und Spott aus Bernau verjagt.

Durchnäßt und durchgefroren kamen Hecker und sein Zug nach furchtbarem Regen, Schnee und Hagelsturm am 17. April 1848 in Bernau an, wo sie begeistert empfangen und gründlich bewirtet wurden. Als Hecker im Gasthaus "Adler" saß, kamen zwei Abgesandte des Frankfurter Vorparlaments - Spatz und Venedey - hinzu, die ihn von seinem Weitermarsch abbringen wollten und ihm Amnestie anboten. Hecker und seine Begleiter lehnten jedoch die Vermittlungsvorschläge ab. Hecker erklärte dabei seine revolutionären Absichten wie folgt: Er sei mit seinen Männern ausgezogen, weil sie der Ratund Tatenlosigkeit ihrer Zeit entgegenwirken wollten. Nicht mit langen Reden, sondern mit dem Schwert müsse das deutsche Volk von seinem Elend befreit werden, das die 34 deutschen Fürsten zu verantworten hätten. Jedoch biete er diesen seinerseits eine Generalamnestie für den Fall an, daß sie binnen 14 Tagen ihrer unterdrückerischen Herrschaft entsagten und das Volk in seine angestammten Rechte einsetzten. In der Nacht wurden aus der acht Kilometer entfernten Waffenfabrik St. Blasien (vgl. Sigel-Zug) 17 Gewehre und aus der dortigen Obereinnehmerei 800 Gulden entwendet. Beteiligt waren vor allem Bernauer Bürgerwehrler.

Am Morgen des 18. April 1848 zog Hecker mit seiner Truppe über Präg Richtung Schopfheim weiter. Aus Bernau beteiligten sich an die 200 Bürgerwehrmänner. Bernau war einer der ganz wenigen Orte, aus denen auch aus eigenem Antrieb Struve bei seinem Aufstandsversuch im September (vgl. Struve- Zug) dutzende Freischärler entgegenzogen.

Überdies zogen Bernauer Aufständische am 23. September 1848 nach St. Blasien und befreiten die dort noch wegen des Hecker-Zuges einsitzenden politischen Gefangenen. Insgesamt wurden nach Niederschlagung der Aufstandsversuche gegenüber 100 Bernauern gerichtliche Untersuchungen eingeleitet.

Wiesenthal (Utzenfeld, Schönau, Zell)

Das Wiesental spielt in den Zügen der Revolutionäre eine besonders wichtige Rolle. Außer Weißhaar kamen alle beschriebenen Revolutionäre (vgl. hierzu die einzelnen Züge) mit ihren Leuten hier durch, auch wenn sie das Tal nur querten wie Herwegh oder auf der Flucht waren wie Struve. Am 18. April 1848 trennten sich Hecker und Struve.

Letzterer ging direkt zu Sigel, Hecker marschierte mit knapp tausend Mann südwestwärts durch Schönau und Zell Richtung Schopfheim, um sich bei Kandern mit Weißhaar und Sigel zu treffen. Diese erfuhren freilich nicht rechtzeitig genug vom geplanten Sammelpunkt, was letztlich zum militärischen Verhängnis führte. Im Wiesental selbst blieb der Zulauf zu den Revolutionären auffallend gering. Zwar wurde die Rede, die Hecker von der Terrasse des Gasthofs "Sonne" in Schönau aus hielt, mit einiger Begeisterung aufgenommen, doch aktiv werdenwollten nur die wenigsten Schönauer.

Versuche, im Wiesental einen demokratischen Volksverein zu gründen, der zugleich die Schopfheimer Textilarbeiter integrieren sollte, scheiterten im Sommer des Jahres kläglich. Erst im Frühjahr 1849 schien die Zeit für einen neuerlichen Anlauf reif zu sein. Dagegen hatten die konstitutionell-monarchistischen Kreise mehr Erfolg, was wohl insgesamt auf die tiefreligiöse Gesinnung der Bevölkerung des Wiesentals zurückgeführt werden kann.

Nach dem Struve-Zug vom September 1848 gelang es ihnen, einen "Oberländer Schutzverein" ins Leben zu rufen, der mehrere "Vaterländische Vereine" der Umgebung umfaßte und besonders im Wiesental seine Stütze fand. Der Schönauer Bürgermeister Böhler, der im Wiesental über großen Einfluß verfügte, wurde später wegen seiner Treue zur Regierung und zu Großherzog Leopold mit der goldenen Verdienstmedaille ausgezeichnet.

Freilich lief nicht alles friedlich ab: So wurde z.B. der erst 4jährige Josef Marx von Schindeln in Wembach von den Württembergern erschossen, als er - aus reiner Unachtsamkeit – auf Anruf nicht stehen blieb. Außerdem wird aus jener Zeit noch berichtet, daß die einquartierten preußischen Landwehrmänner ihre Gastgeber in Schönau bei Anbruch der Nacht darum baten, ihnen im Schlaf kein Leid anzutun. Die Angst schien nicht ganz unberechtigt: Im östlichen Schwarzwald, so wurde erzählt, habe eine Frau einen der preußischen Soldaten nachts mit einem Kübel siedenden Wassers übergossen.

Schopfheim

Am 18. April 1848 gegen Abend erreichten Hecker und seine Männer Schopfheim. Obwohl wenig begeistert sandten die Bürger zur Begrüßung einen Trupp berittener Bürgerwehr mit Trommeln und Fackeln. Der Spinnereifabrikant Gottschalk ging Hecker, den er aus der gemeinsamen Abgeordnetenzeit in der Zweiten Badischen Kammer gut kannte, entgegen, um ihn in seine Villa einzuladen. Vom Rathausbalkon aus hielt Hecker eine seiner rhetorisch brillanten Reden an die Bevölkerung. Die Schopfheimer aber verweigerten den allgemeinen Auszug ihrer Bürgerwehr. Nur zwei oppositionelle Einwohner schlossen sich Hecker an.

Als die Revolutionäre die Stadt verlassen hatten, beratschlagten die konservativen Gruppen der Stadt, wie sie sich in Zukunft vor einem erneuten Freischärlerzug schützen könnten. Als nach dem Gefecht bei Kandern im Laufe des 20. April geflüchtete Aufständische in Schopfheim eintrafen, wurden sie von den Bürgern der Stadt zum Weitermarsch gedrängt. Ganz anders die Situation einen Tag später, als Sigel (vgl. Sigel-Zug) mit 2500 Mann auf der Suche nach Hecker nach Schopfheim kam. Angesichts ihrer Stärke wurden die Aufständischen widerspruchslos beherbergt.

Die Erfahrung des Struve-Zuges im Herbst 1848 führte die Konservativen um Bürgermeister Grether und Fabrikant Sutter dazu, sich in einem Bürgerverein zu organisieren, der dann zum Vorläufer des "Oberländer Schutzvereins gegen communistische und anarchistische Umtriebe und für die verfassungsmäßige Ordnung" mit einem sehr konservativen Programm wurde. Grether wurde denn auch 1850 von Großherzog Leopold mit der Goldenen Verdienstmedaille ausgezeichnet. Die badische Mairevolution 1849 brachte dieselben Fronten wie schon bei den beiden Aufstandsversuchen ein Jahr zuvor.

Steinen

Am 19. April 1848 zogen Heckers Freischaren durch Steinen. Während eines kurzen Aufenthaltes hielt Hecker im Gasthof "Zum Ochsen" eine Rede. Gegen Mittag verließen Hecker und seine Männer Steinen und zogen weiter Richtung Kandern.

Kandern

Am Abend des 19. April 1848 erreichte Heckers Kolonne Kandern und bezog im Ort Nachtquartier. Die strategische Lage war alles andere als gut, der erhoffte Zuzug aus der Bevölkerung blieb aus und die angestrebte Vereinigung mit den größeren Kolonnen Sigels und Weißhaars war immer noch nicht geglückt. Im Osten, bei Donaueschingen und Neustadt, standen württembergische und bayerische Truppen, während im nur 15 Kilometer von Kandern entfernten Schliengen, dem damaligen südlichen Endpunkt der Rheintalbahn, laufend neue badische und hessische Truppenkontingente antransportiert wurden.

Offenbar hatten die militärischen Führer der Revolutionäre die Bedeutung der Eisenbahn nicht oder nur ungenügend erkannt. Freilich war es ursprünglich auch nicht Heckers Absicht gewesen, so weit südwestlich vorzudringen. Schuld daran war vielmehr die Blockade der Schwarzwaldtrassen Richtung Karlsruhe durch großherzogliches Militär. Die  Stimmung bei Heckers Truppe war entsprechend angespannt, denn es drohte die Gefahr einer vollkommenen Einkreisung durch den Feind.

Dennoch wollte Hecker weiterhin nichts von der Unterstützung durch die „Deutsche Demokratische Legion“ (vgl. Herwegh-Zug) wissen, die ihm Emma Herwegh als Botin in dieser Nacht nochmals anbot. Am nächsten Morgen, dem 20. April 1848, beschloß Hecker, sich mit seinen  ungefähr 1 000 Männern in Richtung Steinen zurückzuziehen, um sich zumindest noch mit Weißhaars Truppe zu vereinigen.

Kurz hinter dem Städtchen ließen seine militärischen Führer August von Willich und Karl Bruhn an einer strategisch günstigen Stelle die bewaldeten  Berghänge besetzen und die bergan führende Straße sperren. Die Spitze der regierungsloyalen Soldaten folgte den Aufständischen unmittelbar auf dem Fuß. General von Gagern verlangte eine Unterredung mit Hecker. Dieser hoffte, die Linientruppen eventuell zum Überlaufen bewegen zu können. Doch hatte v. Gagern die Gefahr schon gewittert und zog die hessischen Truppenteile in die vorderste Linie. Auf der Hundstallbrücke kam es schließlich zu einem kurzen Wortwechsel zwischen den beiden feindlichen Kommandeuren.

Daraufhin stellte v. Gagern Hecker ein zehnminütiges Ultimatum, das die Revolutionäre für den Rückzug die Scheideck hinauf nutzten. Dicht unter ihnen marschierten die Bundestruppen in geregelter Schlachtreihe. Auf der Paßhöhe ließ Willich die Freischärler in Verteidigungsstellung gehen. Während das Militär näherrückte, riefen die Aufständischen ihnen entgegen: "Brüder, schießt nicht!" Aber es war zu spät. Schon lösten sich Schüsse aus beiden Frontlinien, und als erster fiel ausgerechnet General von Gagern, was die Wut seiner Leute unbändig anstachelte. Nach einem kurzen Feuergefecht, bei dem elf Freischärler und zwei Regierungssoldaten ihr Leben ließen, setzten sich die kampfunerfahrenen Aufständischen in heilloser Unordnung  in Richtung Steinen ab. Dort erlitt die Kolonne Weißhaars am selben Nachmittag dasselbe Schicksal.

Selbst die zunächst erfolgreiche Revolution im Mai 1849 schwächte die Position der herzogstreuen Kreise in Kandern und Umgebung nicht. Bürgermeister Schanzlin verweigerte, genauso wie seine Amtskollegen aus Wollbach, Holzen, Riedlingen, Tannenkirch und anderen Orten, den Eid auf die neue Regierung. Als Schanzlin am 23. Juni 1849 gar versuchte, den demokratischen Bürgerwehrkommandanten von Kandern, Karl Kümmich, absetzen zu lassen, hatte er den Bogen überspannt. Es kam zu einem Tumult, und bewaffnete demokratische Bürgerwehrmänner drangen noch am selben Abend in das bewachte Haus des Bürgermeisters ein, der aus - berechtigter - Sorge um sein Leben flüchtete.

Schanzlin kam am Morgen des 24. Juni 1849 durch Riedlingen, einem Ortsteil von Kandern. Dort hatten sich just zu dieser Stunde die Bürgerwehraufgebote der umliegenden Gemeinden versammelt, um sich gegen den Abmarschbefehl der revolutionären Regierung zum Kampf gegen die Interventionstruppen zur Wehr zu setzen. Die Bürgerwehrleute ließen den Großherzog hochleben, und als eine Exekutionsmannschaft der Revolutionäre anrückte, die den Aufbruch der Widerspenstigen nötigenfalls gewaltsam erzwingen sollte, kam es zu Ausschreitungen. Daraufhin zogen sich die Revolutionäre unverrichteter Dinge wieder zurück. Am Tag darauf rückte dann ein etwa tausendköpfiges (!) Exekutionskorps aus Freiburg mit zwei Kanonen auf Kandern und Riedlingen vor, um die vermeintliche Gegenrevolution im Keim zu ersticken. Die Exekutionstruppen gingen dabei sehr entschlossen vor: Türen und Fensterläden der "Großherzoglichen" wurden eingeschlagen und weitere Gefolgsleute Schanzlins verhaftet.

Broschüre: Wege der Revolutionäre - Wanderrouten Deutsche Revolution in Baden 1848/49

Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg hat 150 Jahre nach der Deutschen Revolution in Baden die Wanderrouten den Weg der Revolutionäre von 1848/49 nachgezogen. Die Broschüre zur Wanderroute des Heckerzugs beschreibt im Einzelnen, was heute zu sehen ist, was damals geschah und wie man heute wandern kann.

Wanderroute: Heckerzug (PDF)

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