Räumliche Kontraste

in Baden-Württemberg

Fast alle geografischen Darstellungen Baden-Württembergs betonen die Kleinkammerung und Vielschichtigkeit des Landes. Räumliche Gegensätze sind das Leitmotiv, um Baden-Württemberg als Land zu verstehen. Doch gleichzeitig kommt es zu einer zunehmenden Annäherung der Lebens- und Arbeitsmöglichkeiten in verschiedenen Landesteilen.

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„Der einheitlichste Charakterzug ist vielleicht gerade die Uneinheitlichkeit, die große Mannigfaltigkeit auf engem Raum. Kein anderer Teil des Deutschen Reichs umfasst solche Höhenunterschiede, und damit so reiche Abstufungen des Klimas, der Pflanzenbedeckung und der Bewirtschaftung. [...] Nicht minder bunt sind die Bodenverhältnisse und die großenteils dadurch bedingten Geländeformen. [...] Sanfte Keuperhügel mit schön geschwungenen Umrisslinien, schroff eingesenkte Muschelkalktäler in prächtigen Schlangenwindungen, über und über bewaldete Buntsandsteinhöhen, jähe Granit- und Jurafelsen, von Seen und Mooren durchsetzte Gletscheraufschüttungen und alte Vulkankegel wechseln in bunter Folge.“

Robert Gradmann, Süddeutschland (2 Bände), Stuttgart 1931.

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Eine räumliche Ordnung in die Vielfalt des Landes zu bringen, ist nicht ganz einfach, denn sie baut sich sowohl aus naturräumlichen Unterschieden wie verschiedenen historisch-geografischen Entwicklungspfaden auf, aus wirtschaftsgeografischen Gegensätzen zwischen Industrie- und Fremdenverkehrsräumen sowie siedlungsgeografischen Unterschieden zwischen Verdichtungsräumen und ländlichem Raum.

Überblick über räumliche Gegensätze

Räumliche Gegensätze als „Leitmotiv“ zum Verständnis des Landes Baden-Württemberg

1. Naturräumliche Gegensätze

 

Stromtäler und weitflächige Ebenen

Rheintal, Donautal, Neckartal, Kraichgau, Gäue

Wald- und Bergländer

Schwarzwald, Odenwald, Schwäbische Alb, Keuperwaldgebiete

Glaziallandschaften

Oberschwaben mit jung- und altglazialen sowie durch eiszeitliche Schotter geprägten Gebieten

2. Historisch-geografische Gegensätze

 
Altsiedellandvor ungefähr 900 n. Chr. besiedelt; hohe Bevölkerungsdichte, Haufendörfer, zersplitterte Flur; hoher Grad aktueller Zersiedlung: Stromtäler, Gäue, Schwäbische Alb
Jungsiedellandnach ungefähr 900 n. Chr. besiedelt; geringere Bevölkerungsdichte, Einzelhöfe/Weiler/ Planformen; Blockfluren/Streifenfluren, geringere Zersplitterung; weniger hoher Grad aktueller Zersiedlung: Schwarzwald/ Odenwald, Keuperwaldgebiete, südliches Oberschwaben

3. Wirtschaftsgeografische Gegensätze

 
Industrieräume; Räume hoher Konzentration an Groß- und EinzelhandelMittlerer Neckarraum, Rhein-Neckar-Gebiet; altindustrialisierte Gebiete auf der Schwäbischen Alb und am Hochrhein
Handwerklich/kleingewerblich bestimmte Räume; Fremdenverkehrs- und FreizeitregionenSchwarzwald, Schwäbische Alb, Bodenseegebiet und Oberschwaben

4. Siedlungsgeografische Gegensätze

 
VerdichtungsräumeGroße Städte und ihnen funktional zugeordnetes Umland: Stuttgart, Mannheim/Heidelberg, Karlsruhe/Pforzheim, Freiburg, Ulm (Neu-Ulm), Lörrach/Weil (Basel), Bodenseeraum als Sonderfall
Ländlicher Raumder „große Rest“, aber hierin:
VerdichtungsbereicheStädte im ländlichen Raum: Schwäbisch Hall/Crailsheim, Aalen/Heidenheim/Ellwangen, Offenburg/Lahr/Kehl, Villingen-Schwenningen/Tuttlingen/Rottweil, Albstadt/Balingen/Hechingen

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Naturräumliche Gegensätze

Tiefländer und Mittelgebirge

Die naturräumliche Gliederung Baden-Württembergs ist recht differenziert und kann hier nur vereinfacht behandelt werden. Es können grob die Tief- und Flachländer von den Berg- und Mittelgebirgslandschaften unterschieden werden. Einen gewissen Sonderfall bildet das glazial überprägte Oberschwaben.

Flusslandschaften und Gäuflächen

Rhein

Der Hochrhein mündet bei Stein am Rhein aus dem Bodensee aus und führt bis zum Rheinknie bei Basel, biegt dann als Oberrhein in süd-nördliche Richtung um und verlässt bei Mannheim das Gebiet Baden-Württembergs. Er wird sowohl auf deutscher wie französischer Seite von einem unterschiedlich breiten Tiefland begleitet, das im Zuge des Oberrheingrabenbruchs seit dem Tertiär entstanden ist und eine klimatische wie agrargeografische Gunstlandschaft ersten Ranges darstellt. Das Rheintal bildet auch einen wichtigen verkehrsgeografischen Durchgangsraum, Teil der europäischen Rheinschiene, und es handelt sich – allerdings mit zunehmender Durchlässigkeit – um einen Grenzraum zur Schweiz und zu Frankreich.

Donau

Die Donau durchbricht den südlichsten Teil der Schwäbischen Alb teilweise in einem imposanten Durchbruchstal, dem Naturpark Oberes Donautal, und bildet ab Sigmaringen in etwa die südliche Begrenzung der Schwäbischen Alb und damit die nördliche Grenze des „Oberlandes“. Der Donaulauf markiert keinen Grabenbruch; er ist vielmehr im Glazial und Postglazial in manchen Laufabschnitten verlegt worden. Entsprechend fehlt eine breite Talschaft und auch eine entsprechende verkehrsgeografische Leitlinienfunktion: Keine Autobahn oder ICE-Strecke begleitet das Donautal.

Neckar

Der Neckar schließlich entspringt bei Schwenningen als unspektakuläres Rinnsal und fließt zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb in nordöstlicher Richtung, schlängelt sich durch Bad Cannstatt an Stuttgart vorbei und durchschneidet in seinem Unterlauf als romantisches Engtal den südlichen Odenwald. Auf seinem Lauf durchquert der Fluss einen erheblichen Teil der südwestdeutschen Schichtstufenlandschaft. Sie erstreckt sich zwischen Schwarzwald und Alb über ein Gebiet, das im Süden schmal, im Norden breiter ist. Man hat es deswegen auch gerne mit einem „Fächer“ verglichen, wobei der Fächergriff im Bereich der Baar liegt. Relativ ebene, weitgespannte Reliefpartien werden von oft über hundert Meter hohen Stufen begrenzt, oberhalb derer erneut flaches Gelände einsetzt.

Gäuflächen

Die flachen Geländepartien sind überwiegend nach Osten geneigt. Sie werden als Gäue bezeichnet. Zu ihnen gehören von Süden nach Norden das Stroh- und Heckengäu, das Obere Gäu, Korngäu, Kraichgau. Diese Landschaften sind durch den oberen Muschelkalk mit einem auflagernden Substrat (Lettenkohle, Löss) geprägt, die sie sehr ackergünstig machen und zu ihrer frühen Besiedlung beigetragen haben.

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Mittelgebirgsräume

Den Flusstälern und Flächen stehen, gleichsam kontrastierend, die wichtigsten Mittelgebirge des Landes gegenüber. Der Schwarzwald steigt im Westen in einer sehr deutlichen Bruchstufe aus dem Oberrheintal auf und findet im Osten sehr viel weniger deutlich dort seine Begrenzung, wo die überwiegende Waldbedeckung in offene Ackerfluren übergeht.

Der Schwarzwald ist insgesamt waldbedeckt, geologisch aber keineswegs homogen. Im Süden dominiert das Grundgebirge (Granit, Gneis) mit wasserreichen Tälern und Seen, Einzelhöfen, kleinen Weilern und wichtigen Fremdenverkehrsorten, während der Norden durch Buntsandstein, geringere Gewässerdichten und einige siedlungsgeografische Spezifika wie Waldhufendörfer geprägt ist.

Beide Teile sind durch eine deutliche Tiefenzone, das Kinzigtal, voneinander getrennt. Der Odenwald bildet in gewisser Weise die nördliche Fortsetzung des Schwarzwalds. In seinem südlichen, baden-württembergischen Teil ist er ausschließlich durch den roten Buntsandstein bestimmt, der auch Siedlungen und Kleinstädte als Baustein prägt.

Die Schwäbische Alb erstreckt sich von der Schweizerischen Grenze bis zum Nördlinger Ries. Markant ist hier vor allem die nach Nordwesten blickende Steilstufe des Albtraufs, die sich bis zu 400 Meter über ihr Vorland erhebt. Aufgebaut ist sie aus Kalken des Weißen Juras (Malm), die jeweils von leicht abtragbaren Mergeln unterlagert sind.

Die Keuperbergländer erstrecken sich zwischen Albvorland (Liasflächen) und Gäuen. Sie werden von relativ harten Sandsteinschichten aufgebaut und heben sich vor allem durch ihre Waldbedeckung (circa 43 Prozent der Gesamtfläche) von ihrer Umgebung ab. Durch die Nebenflüsse des Neckars werden sie in zahlreiche kleinere Berggruppen gegliedert. Sie dienen, vor allem in ihren östlich und südlich von Stuttgart gelegenen Teilen, als wichtiges Naherholungsgebiet der Großstadtbevölkerung (z. B. Schönbuch).

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Oberschwaben

Die Gemeinsamkeit der Gebiete südlich der Donau besteht in ihrer Überprägung durch die Eiszeiten. Zwei wesentliche Grenzen gliedern das Gebiet: Die würmeiszeitliche Endmoräne mit ihren bewaldeten Hügelketten trennt das nördliche Altmoränenland vom südlichen, stärker reliefierten und durch Moore und Seen geprägten Jungmoränengebiet.

Die weiter im Nordosten gelegenen Gebiete hingegen waren nicht vom Eis überdeckt, sondern sind durch die glazialen Schmelzwässer und die mitgeführten und abgelagerten Schotter geprägt. Vor allem die jungglazialen Gebiete in der Nähe des Bodensees sind attraktive Fremdenverkehrsräume geworden. Historisch ist Oberschwaben eine Landschaft, die stark von geistlichen Herrschaften geprägt war, was sich heute noch in den zahlreichen Klosterkirchen niederschlägt. Gleichermaßen prägend sind bis heute die Adelsherrschaften und Reichsstädte.

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Historisch-geografische Gegensätze

Alt- und Jungsiedelland

Altsiedelland

Die früher engere Abhängigkeit des Menschen vom naturräumlichen Potenzial der Landschaften bedingt eine relativ starke Beziehung zwischen Naturraum und Beginn menschlicher Besiedlung. Altbesiedelte Regionen sind dabei solche, die bereits vor 900 n. Chr. kontinuierlich unter Kultur genommen wurden.

Ihre Kulturlandschaftsgenese lässt sich bis zur Römerzeit bzw. zur „Landnahmezeit“ der germanischen Stämme (seit dem 3. Jahrhundert n. Chr.) zurückverfolgen, punktuell besiedelt waren sie schon zur Bronzezeit und in der keltischen Zeit. Alt und relativ dicht besiedelt waren vor allem die natürlichen „Gunsträume“ in Südwestdeutschland, die Gäulandschaften und das Oberrheingebiet, aber auch der nördliche Teil Oberschwabens und als Sonderfall unter den Mittelgebirgen die Schwäbische Alb.

Jungsiedelland

Zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert war die wirtschafts- und sozialgeografische Entwicklung in Mitteleuropa durch ein beachtliches Bevölkerungswachstum und einen dadurch ausgelösten Bevölkerungsdruck gekennzeichnet, welche sich durch Binnenkolonisation der bis dahin noch weitgehend unbesiedelten Mittelgebirgsräume („Jungsiedelland“), aber auch durch Eroberung und Aufsiedlung von Gebieten im Zuge der Ostkolonisation Luft schafften.

Jung besiedelt sind somit die klimatisch und topografisch benachteiligten Mittelgebirgsregionen. Sie wurden erst im Hochmittelalter im Rahmen einer geplanten Siedlungskolonisation durch weltliche oder geistliche Organisatoren (Klöster) aufgesiedelt, meist mit Bevölkerungsüberschuss aus den dicht besetzten Altsiedelräumen. Sie unterscheiden sich in Siedlungs-, Flurformen und traditioneller agrarsozialer Organisation sowie vorherrschenden Wirtschaftsformen deutlich von den altbesiedelten Räumen.

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Wirtschaftsgeografische Gegensätze

Industrieräume

Die industrielle Entwicklung setzte in Baden-Württemberg später ein als in anderen Regionen Deutschlands und das produzierende Gewerbe ist bis heute weitaus weniger auf einzelne Standorte konzentriert, sieht man einmal vom Mittleren Neckarraum mit seiner herausragenden Wirtschaftskraft ab, wo knapp dreißig Prozent aller Arbeitsplätze im Verarbeitenden Gewerbe des Landes zur Verfügung stehen.

Räumliche Ansatzpunkte der industriellen Entwicklung waren die Residenzstädte Karlsruhe, Pforzheim, Mannheim und Stuttgart sowie die großen Handelsstädte wie Esslingen, Ulm und Reutlingen, ferner einige traditionelle Standorte des Mittelgebirgs- und Waldgewerbes (Holz- und Papiergewerbe im Schwarzwald) und Regionen des ländlichen Hausgewerbes (Textilgewerbe auf der Schwäbischen Alb und in Oberschwaben, Uhrenherstellung im Schwarzwald).

Hinzu kamen Investitionen von Ausländern vor allem am Hochrhein und im Bodenseegebiet. Eine aktive Gewerbeförderung insbesondere durch die 1848 gegründete „Centralstelle für Gewerbe und Handel“, welche durch verschiedene Maßnahmen die Gründung von „Start-ups“ förderte, trieb sukzessive die industrielle Entwicklung voran.

Schlüsselindustrien

Dabei zeigen die drei wichtigsten Branchengruppen – Maschinenbau, Fahrzeugbau und Elektrotechnik – ein charakteristisches Raummuster. Der Fahrzeugbau dominiert in Nordwürttemberg, in den Kreisen Böblingen, Stuttgart, Esslingen und Ludwigsburg mit Daimler, Porsche und deren Zulieferbetrieben. Weitere Zentren des Fahrzeugbaus sind Neckarsulm (Audi) sowie Ulm, Mannheim und inzwischen auch Rastatt. Der Maschinenbau ist über Zulieferbetriebe eng mit dem Fahrzeugbau verknüpft und zeigt ein ähnliches Standortmuster, während die Standorte der Elektrotechnik räumlich stärker gestreut sind und außer im Mittleren Neckarraum in Mannheim, Karlsruhe, Freiburg und im Raum Balingen/Albstadt zu finden sind.

Zentrumsferne Industrieräume

Neben den industriellen Kernräumen existieren weitere Industrieregionen, denen ein dominierendes großstädtisches Zentrum fehlt, die aber doch eine beachtliche wirtschaftliche Leistungskraft aufweisen. Solche zentrenferneren Industrieräume sind Ostwürttemberg, aufgrund der frühen Eisenerzverarbeitung in Königsbronn, Wasseralfingen und Heidenheim einer der ältesten Standorte Württembergs, oder das Hochrheingebiet längs der Schweizerischen Grenze, das in starkem Maße durch Schweizer Innovationen und Investitionen gefördert wurde, etwa durch Filialgründungen von chemischen Unternehmen. Nach 1945 kam es durch den Zuzug von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen zu Neugründungen von Betrieben in bisher kaum industrialisierten Regionen. Beispiele hierfür sind die Ansiedlung von Carl Zeiss im ostwürttembergischen Oberkochen oder die Glasindustrie in Wertheim am Main.

Exportorientierung

Insbesondere der Fahrzeug- und Maschinenbau ist stark exportorientiert. Im Landkreis Böblingen erreichen die Auslandsumsätze des verarbeitenden Gewerbes über fünfzig Prozent, doch auch der Bodenseekreis erreicht mit seinen innovativen Branchen nahezu denselben Wert. Der hohe Industriebesatz in Verbindung mit strukturellen und räumlichen Monostrukturen (Fahrzeug- und Maschinenbau) birgt allerdings eine latente Krisenanfälligkeit, welche sich in den letzten beiden Jahrzehnten in mehreren Konjunktureinbrüchen gerade in den Schlüsselbranchen des Landes gezeigt hat.

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Siedlungsgeografische Gegensätze

Landesplanung und Verdichtungsräume

Bis ins Industriezeitalter hinein war der Ländliche Raum – vom dünnen Netz an Städten einmal abgesehen – der Lebensraum der Bevölkerung schlechthin und es bestanden noch kaum wirtschaftliche Austauschbeziehungen. Erst mit der zunehmenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Arbeitsteilung entwickelte sich der Ländliche Raum von einem teilautarken Lebensraum zu einem weitgehend monostrukturell auf die Agrarproduktion gerichteten und damit zunehmend marktorientierten Erzeugungsraum landwirtschaftlicher Güter. Heute hingegen spielt auch im Ländlichen Raum die Landwirtschaft kaum mehr eine Rolle; die überwiegende Mehrzahl seiner Bewohnerinnen und Bewohner arbeitet in anderen Branchen.

Auch die Rolle der Städte war früher eine andere als heute. Sie hatten eine wohldefinierte politische und rechtliche Funktion. Markt- und Stapelrecht, Recht des Mauerbaus, teilweise eigene Gerichtsbarkeit umschreiben dieses Rechtssystem. Stadt und Land waren damit eindeutig geschieden, während es heute letztlich keine eindeutig definierten Unterscheidungsmerkmale mehr gibt.

Seit der Nachkriegszeit bemühte man sich deshalb in Geografie und Raumordnung um Definitionen des „Gebildes Stadt in seiner administrationsunabhängigen Form“ (Olaf Boustedt). Neben den sogenannten „Stadtregionen“, also Stadt-Umland-Abgrenzungen vor dem Hintergrund der Pendlerverflechtungen mit der Kernstadt, und den „Ballungsräumen“ wurde seit den späten 60er-Jahren die Gebietskategorie der „Verdichtungsräume“ entwickelt, welche auch für die räumliche Ordnung im Landesentwicklungsplan 2002 eine zentrale Rolle spielt.

Verdichtungsräume

Verdichtungsräume sind bedeutende Wohnschwerpunkte und herausragende Wirtschaftsstandorte hoher Standortqualität, welche jeweils von einer Randzone umgeben sind, die Gebiete mit erheblicher Siedlungsverdichtung in ihrem Einzugsbereich umfassen. 

Stuttgart

Der größte Verdichtungsraum ist der Mittlere Neckarraum mit Stuttgart, in dem mit 2,8 Millionen Menschen etwa ein Viertel der Landesbevölkerung wohnt. Die Stadt Stuttgart selbst ist umgeben von einem Kranz bedeutender nachgeordneter Zentren und Industriestädte wie Böblingen, Esslingen, Fellbach, Leonberg, Ludwigsburg, Sindelfingen und Waiblingen.

Aufgrund der Topografie greifen die Ausläufer des Verdichtungsraumes weit neckarauf- und -abwärts. Zu dynamischen Wachstumsspitzen sind vor allem die Gemeinden im Westen längs der Autobahn nach Singen geworden, während die traditionellen Industriegemeinden im Osten, im Rems- und Filstal, ein verhalteneres Wachstum aufweisen.

Mannheim und Heidelberg

Der zweitgrößte Verdichtungsraum Rhein-Neckar ist in seinen Randzonengemeinden inzwischen mit dem Mittleren Neckarraum zusammengewachsen. Mannheim und Heidelberg, die ehemals kurpfälzischen Residenzstädte, haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Mannheim, mit dem wichtigsten Rheinhafen des Landes, an der europäischen Verkehrsachse der Rheinschiene gelegen, ist bis heute eine Verkehrs- und Industriestadt geblieben, während die Universitätsstadt Heidelberg das Zentrum für Forschung und Entwicklung und tertiärwirtschaftliche Funktionen darstellt. Insgesamt lebt im Verdichtungsraum Rhein-Neckar etwa ein Drittel der Bevölkerung des Mittleren Neckarraums.

Weitere Verdichtungsräume

Die weiteren fünf Verdichtungsräume liegen wie in einem Kranz an den verschiedenen Peripherien des Landes: Karlsruhe/Pforzheim, Freiburg, Lörrach/Weil (als baden-württembergischer Teil des großen Verdichtungsraumes Basel) sowie der länderübergreifende Verdichtungsraum Ulm/Neu-Ulm. Im Landesentwicklungsplan 2002 wird der Bodenseeregion – neben dem Oberrheingebiet und dem Mittleren Neckarraum – spezifische Aufmerksamkeit gewidmet und ein Verdichtungsraum Bodenseeraum mit besonderer struktureller Prägung ausgewiesen.

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Vielfalt ist nicht gleich Disparität

Der Kleinräumigkeit und Buntheit steht umgekehrt eine zunehmende Annäherung der Lebens- und Arbeitsmöglichkeiten in verschiedenen Landesteilen gegenüber. Anders als in anderen Bundesländern mit großen regionalen Gegensätzen hat sich in Baden-Württemberg das in den Nachkriegsjahrzehnten noch sehr krasse Standort- und Entwicklungsgefälle zwischen städtisch-verdichteten Räumen und ländlichen Räumen wenigstens ansatzweise nivelliert, will man hier den etwas euphemistischen Aussagen des Landesentwicklungsplans (LEP) 2002 Glauben schenken.

Die Wohn- und Arbeitsplatzattraktivität außerhalb der Verdichtungsräume ist deutlich gestiegen und die Infrastrukturausstattung hat sich verbessert. Im Zuge des demografischen Wandels, d. h. der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung, wird sich der Trend weg von den großen Städten wahrscheinlich noch verstärken.

Autor: Prof. Dr. Hans Gebhardt, für das Internet aufbereitet durch Internetredaktion LpB BW.

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