Hohenzollern wird preußisch - Der Erbhuldigungseid am 23. August 1851

Erinnerungsorte in Baden-Württemberg

Mit der Erbhuldigung am 23. August 1851 auf der Burg Hohenzollern, der Geburtsstätte der Hohenzollerndynastie, fand die Aufnahme der hohenzollerischen Fürstentümer in die preußische Monarchie ihren feierlichen Abschluss.

Wie in dem zeitgenössischen Ölgemälde von Georg Eberlein dargestellt, thronte König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen bei der Feier auf einem Podest unter einem Baldachin inmitten des Burghofs, umgeben von höchsten Würdenträgern und Honoratioren, darunter zur Rechten des Monarchen Kronprinz Wilhelm und zu dessen Linken die Fürsten von Fürstenberg und Thurn und Taxis, ehemals Standesherren im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen. Dem Monarchen gegenüber sind, angeführt von Hofgerichtsadvokat Bürkle aus Sigmaringen, die 300 Deputierten aus den ehemaligen Fürstentümern Hohenzollern abgebildet, die stellvertretend für die gesamte Bevölkerung gegen Ende der Feier den Erbhuldigungseid zu leisten hatten.

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Autor: Otto H. Becker

Der Text von Otto H. Becker erschien unter dem Titel „Hohenzollern wird preußisch“ in dem „Baden-Württembergische Erinnerungsorte“ anlässlich des 60. Jahrestages von Baden-Württemberg. Darin werden 51 Erinnerungsorte Baden-Württembergs vorgestellt.

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Horst des Preußenadlers: Erbhuldigung auf der Burg Hohenzollern

Den Zeitgenossen wurde der Übergang der Fürstentümer an Preußen als ein auf alten Erbverträgen fußender, normaler dynastischer Vorgang vermittelt. So enthielt der Zuspruch des Königs an seine neuen Landeskinder vom 12. März 1850 denn auch die Worte „Ihr seid schon bisher Meinem Hause und Meinem Herzen nicht fremd gewesen“, die dann auch vom Hechinger Stadtschultheiß bei der Begrüßung des Monarchen am 21. August 1851 an den Anfang seiner Rede gestellt wurden.

In seiner Ansprache bei dem Erbhuldigungsakt führte der König schließlich aus: „Dieser Fels, dieses Land und Volk und das hier entsprossene Herrscher-Geschlecht haben, so lange die Geschichte von ihnen weiß, nur einen und denselben Namen geführt. Nun, meine Herren, so bleibts Gottlob! in Zukunft auch.“ Über die in den Verfassungen der beiden Fürstentümer enthaltenen Bestimmungen, dass im Falle einer Änderung der Staatszugehörigkeit die Bevölkerung hätte gefragt werden müssen, sind die Akteure kurzerhand hinweggegangen.

Entscheidend für die Übernahme der angebotenen Fürstentümer war für den König das Argument seines Zeremonienmeisters Rudolf Freiherr von Stillfried, dass im Falle des Ausschlagens des Übernahmeangebots der hohenzollerischen Fürsten die Stammburg der Hohenzollerndynastie unweigerlich in fremde Hände gelangen würde.

Dass die Rettung des Horsts des „Schwarzen Adlers“ das Hauptmotiv bei der Übernahme der Fürstentümer Hohenzollern darstellte, wurde auch bei der am Tag der Erbhuldigung erfolgten Stiftung des Königlich Hohenzollernschen Hausordens deutlich. Diesem gab Friedrich Wilhelm IV. die Devise „Vom Fels zum Meer“, um ihn „dem Andenken an den Ursprung und die Ausbreitung Unseres Königlichen Hauses [zu] widmen, welches unter dem Beistande Gottes des Allmächtigen von der Felskuppe des Hohenzollern seine Herrschaft ausgebreitet hat bis zu dem Baltischen Meer und über das Stromgebiet der Nordsee“. Mit dem von der „Vom-Fels-zum-Meer-Ideologie“ überlagerten Huldigungsakt auf der Burg Hohenzollern wurde die Glanzzeit der Sonderentwicklung Hohenzollerns im deutschen Südwesten eingeleitet, die bis in die Gegenwart Nachwirkungen zeitigt.

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Schaufenster Preußens in Süddeutschland

1852 wurden die beiden ehemaligen hohenzollerischen Fürstentümer, die zunächst getrennt verwaltet wurden, zu einem Regierungsbezirk mit der Bezeichnung „Hohenzollernsche Lande“ mit Sitz in Sigmaringen vereinigt. Das Land war ein dynastisches Gebilde ohne natürliche Grenzen. Es erstreckte sich von den Ausläufern des Schwarzwalds über das Tal des oberen Neckars, über die Schwäbische Alb, über das Tal der oberen Donau bis fast an den Bodensee. Die schmalste Stelle bei Empfingen maß weniger als 1000 Meter. Das bizarre Gebilde wies ferner noch eine Reihe von Exklaven und Enklaven auf. Eine wahre „Orchidee“ stellte dabei das preußisch-württembergische Kondominat Burgau (heute Gemeinde Dürmentingen im Landkreis Biberach) dar. Die Bevölkerung Hohenzollerns, die vorwiegend von der Landwirtschaft lebte, war fast rein katholisch. Hechingen, Haigerloch und Dettensee wiesen als Besonderheit jüdische Minderheiten auf.

Als ferne Exklave im deutschen Südwesten erhielt der neue Regierungsbezirk eine Stellung, die der von Provinzen sehr nahe kam. So empfing die Regierung in Sigmaringen ihre Weisungen in der Regel nicht von einem Oberpräsidenten, sondern von den zuständigen Ministerien in Berlin. Nur in Bergbau-, Schul- und Medizinalangelegenheiten unterstand die Regierung den entsprechenden Kollegien der Rheinprovinz. Hechingen erhielt als Ersatz für seine verlorene Zentralfunktion das Kreisgericht, aus dem das spätere, heute noch bestehende Landgericht hervorgegangen ist.

Der Ruf nach einer stärkeren Beteiligung des Landes an seiner Regierung wurde 1875 schließlich mit der Errichtung des Hohenzollerischen Landeskommunalverbandes mit Sitz in Sigmaringen erfüllt. Die Selbstverwaltungskörperschaft, die von Preußen dotiert wurde, war vornehmlich zuständig für das Landarmenwesen, den Straßen- und Brückenbau, das Wohlfahrtswesen, das Fürst-Carl-Landeskrankenhaus, die Hohenzollerische Landesbank und die Kulturpflege. Später kam noch die Hohenzollerische Landesbahn hinzu.

Vor allem aber war die Regierung bestrebt, Hohenzollern durch die Einführung einer vorbildlichen Verwaltung und durch Hebung von Landwirtschaft, Handel und Gewerbe zu einem Schaufenster Preußens in Süddeutschland zu machen. Mit Unterstützung Preußens entstanden in Verbindung mit der Wirtschaft in den umliegenden württembergischen Oberämtern in Hechingen zahlreiche Industriebetriebe vor allem der Textilindustrie. Diese Entwicklung ist untrennbar verknüpft mit dem Wirken jüdischer Unternehmerpersönlichkeiten wie beispielsweise Benedikt Baruch, Julius Levi, Adolf Weil und Simon Löwengard. Durch den Bau von Eisenbahnen hatte das Land im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts Anschluss an die Zentren Südwestdeutschlands gefunden.

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Hohenzollern wird Kaiserstammland

Auch der 1850 begonnene Wiederaufbau der Burg Hohenzollern, dessen Kosten zu zwei Dritteln vom preußischen Königshaus und zu einem Drittel vom Fürstlichen Haus Hohenzollern-Sigmaringen aufgebracht wurden, war ein nicht zu unterschätzendes Werk der Wirtschaftsförderung. Der nunmehrige Oberhofzeremonienmeister Rudolf Graf von Stillfried, der eigentliche Initiator des Baus, ließ als Vorsitzender der Baukommission seine Vorstellungen von der „Vom-Fels-zum-Meer-Ideologie“, die König Friedrich Wilhelm IV. voll und ganz teilte, ungehemmt in die Architektur der Burg einfließen. Diese Ideologie wurde in der Bauphase mit der Erwartung verknüpft, wonach die preußische Monarchie von der Vorsehung dazu auserwählt sei, die nationale Einheit Deutschlands herbeizuführen. In den Reden bei der Einweihung am 3. Oktober 1867 mutierte die Hohenzollernburg schließlich zu einem nationaldynastischen Denkmal. Nach der Ausrufung König Wilhelms I. zum Deutschen Kaiser und der Errichtung des kleindeutschen Reiches 1871 erhielt Hohenzollern daraufhin die Ehrenbezeichnung „Kaiserstammland“.

Katholische Profilierung in protestantischem Umfeld

Die liberalen Kirchenartikel der preußischen Verfassung befreiten die katholische Kirche in Hohenzollern von den Fesseln des Staatskirchentums und verhalfen den Kräften der kirchlichen Erneuerung zum Durchbruch. Das Aufblühen des kirchlichen Lebens, das durch die Furcht vor dem protestantischen Preußen eine ungeheuere Dynamik erhielt, fand in der Schaffung zahlreicher Ordensniederlassungen, Bildungsanstalten und karitativer Einrichtungen sichtbaren Ausdruck.

So entstanden unter Mitwirkung von Pfarrer Thomas Geiselhart 1852 ein Jesuitenkloster in Gorheim und 1863 auf Betreiben der beiden Brüder Maurus und Placidus Wolter und mit der Unterstützung der verwitweten Fürstin Katharina von Hohenzollern-Sigmaringen das Benediktinerkloster Beuron. 1862 ließen sich in Stetten bei Hechingen Franziskaner nieder. 1856 eröffnete Geiselhart in dem ehemaligen Gasthof „Krone“ in Sigmaringen, das nach der Tradition als das Geburthaus des Heiligen Fidelis galt, ein Knabenseminar für den Priesternachwuchs, das er „Seminarium Fidelianum“ nannte. 1861 bezog Geiselhart das „Waisenhaus Nazareth“ auf dem Brunnenberg in Sigmaringen. Unter maßgeblicher Mitwirkung Geiselharts konnte eine Vereinbarung über die Gründung einer Mädchenschule, das spätere Marien-Lyzeum, unter der Leitung der Schwestern der christlichen Liebe aus Paderborn getroffen werden. In den karitativen Einrichtungen des Landes wirkten Vinzentinerinnen, Franziskanerinnen und Schwestern vom Heiligen Kreuz in Ingenbohl.

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Auswirkungen des Kulturkampfes

Diese Aufbauarbeit fand im sogenannten Kulturkampf, der 1871 vom preußischen Ministerpräsidenten und Reichskanzler Bismarck vom Zaun gebrochen wurde, ein jähes Ende. Die Jesuiten mussten bereits 1872 das Land verlassen. Ihnen folgten 1875 die Benediktiner von Beuron und die Franziskaner von Stetten. Die Schwestern der christlichen Liebe verließen Sigmaringen 1879. Dem Fideliskonvikt wurde 1873 untersagt, neue Zöglinge aufzunehmen. Im Waisenhaus Nazareth konnte der Betrieb nur noch notdürftig in Gang gehalten werden. Vor den Trümmern seines Lebenswerkes stehend, unternahm Geiselhart 1884 eine Wallfahrt zu den Wirkungsstätten des Heiligen Fidelis von Sigmaringen in Vorarlberg und in Graubünden.

Als ab 1886 der Kulturkampf abflaute, konnten die kirchlichen und karitativen Einrichtungen ihre Arbeit wieder aufnehmen. Maurus Wolter, nunmehr Erzabt der Beuroner Benediktinerkongregation, kehrte 1887 in Begleitung der Äbte der Tochterabteien Maredsou (Belgien), Seckau (Steiermark) und Emaus (Prag) wieder nach Beuron zurück. Das von den Jesuiten verlassene Kloster Gorheim wurde 1890 von Franziskanern der Thüringer Provinz bezogen. 1892 ließen sich Benediktinerinnen im ehemaligen Dominikanerinnenkloster Habsthal nieder. 1903 schließlich errichtete die Missionsgesellschaft der Weißen Väter eine Niederlassung mit Internat in Haigerloch.

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Große religiöse und künstlerische Strahlkraft

1946 gründeten Benediktinerinnen von der Heiligen Lioba aus Freiburg i. Br. die Heimschule Kloster Wald. Anstelle des 1953 aufgehobenen Marien-Lyzeums eröffnete 1956 die Kongregation der Schwestern des Heiligen Franziskus in Erlenbad die Liebfrauenschule mit Internat in Sigmaringen.

Mit seinen Ordensniederlassungen wurde Hohenzollern ein Land mit großer religiöser und künstlerischer Strahlkraft. Besonders die Erzabtei Beuron erlangte mit der Pflege des Choralgesangs, der Beuroner Kunstschule, der Philosophisch- Theologischen Hochschule und dem Palimpsest- Institut eine weit über Südwestdeutschland hinausragende Bedeutung. Seit 1900 absolvierten die Angehörigen der Thüringer Franziskanerprovinz ihre Philosophiestudien im Kloster Gorheim.

In dieser Atmosphäre konnten sich auch einzelne Formen der Volksfrömmigkeit voll entfalten. Es sei hier nur an die Wallfahrten zu den Gnadenbildern in Beuron und Laiz, zur Heiligen Anna in Haigerloch und zur Kapelle Maria Deutstetten in Veringenstadt hingewiesen. Feierlich wurde in Sigmaringen jeweils am 24. April das Fidelisfest begangen.

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Das Entstehen einer hohenzollerischen Identität

Trotz aller Bemühungen und seinen Erfolgen bei der Erschließung und Entwicklung des Landes ist es Preußen nicht gelungen, das Land ganz zu integrieren. Einem echten Zusammenwachsen standen vor allem mentale und konfessionelle Barrieren entgegen. Die Bevölkerung der ehemaligen Fürstentümer Hohenzollern, die 1852 zum Regierungsbezirk der Hohenzollernschen Lande zusammengeschlossen wurden, waren Schwaben und in ihrer überwiegenden Mehrheit katholisch. Besonders in klerikalen Kreisen mochte die Bildung der evangelischer Kirchengemeinden in Sigmaringen, Hechingen, Haigerloch, Dettingen und Gammertingen, die 1898 eine Kreissynodalordnung erhielten, als pure Provokation empfunden worden sein. Die Repressionen der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen im Kulturkampf taten ein Übriges.

Hohenzollern wurde zu einer Hochburg des katholischen Zentrums und ist dies bis zur „Machtergreifung“ 1933 auch geblieben. Bei der Bildung des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollern 1867 beriefen sich die Gründer „auf das Selbstbewusstsein des Landes und auf seine eigene Geschichte“, so der renommierte Historiker und Hohenzollernkenner Fritz Kallenberg.

Das Streben der Bevölkerung Hohenzollerns nach Eigenständigkeit fand auch beim angestammten Fürstenhaus eine Stütze. Fürst Karl Anton, seit dem Erlöschen der Hechinger Linie 1869 Chef der schwäbischen Hohenzollern, vermochte trotz Abtretung seiner Souveränitätsrechte seinem Haus eine eigene Stellung zu verschaffen. So wurde sein zweitgeborener Sohn Karl 1866 als Carol I. zum Fürsten und 1881 zum König von Rumänien proklamiert. Erbprinz Leopold wurde die Krone Spaniens angetragen, ein Ereignis, das bekanntlich zum Ausbruch des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 geführt hat.

1871 kehrte Fürst Karl Anton von Hohenzollern nach einer großen Karriere in preußischen Diensten – er war von 1858 bis 1862 als unmittelbarer Vorgänger Bismarcks preußischer Ministerpräsident – nach Sigmaringen zurück. Aufgrund seiner Leistungen, seiner Privilegien, seines großen Vermögens und nicht zuletzt der Anhänglichkeit der hohenzollerischen Bevölkerung spielte er im Land die erste Geige; der Regierungspräsident musste sich mit dem zweiten Platz begnügen. Diese außerordentliche Stellung konnten auch die Nachfolger Karl Antons weitgehend behaupten. Die Sigmaringer errichteten vielsagend nicht ihren Königen und Kaisern, sondern ihren Fürsten Denkmäler. Das Denkmal zu Ehren Kaiser Wilhelms I. in Sigmaringen hatte Fürst Leopold von Hohenzollern gestiftet.

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Die Integration des Hohenzollernlandes

Eine große Rolle bei der Integration des Hohenzollernlandes hat der seit 1875 bestehende Kommunallandtag beim Hohenzollerischen Landeskommunalverband gespielt. Dieses Organ der hohenzollerischen Selbstverwaltungskörperschaft war zwar kein Parlament, begann sich aber zunehmend als Repräsentant des Landes und Sprachrohr seiner Bürger zu gerieren. Auch das Fideliskonvikt in Sigmaringen, die „Brutstätte der hohenzollerischen Geistlichkeit“, hat bei der Integration des Landes eine bedeutende Rolle gespielt. In Hohenzollern jedenfalls hatte sich schon vor dem Ersten Weltkrieg ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, ja ein Heimatbewusstsein herausgebildet.

Der aus Baden stammende Regierungspräsident Emil Belzer fasste die eingetretene Situation in einer Denkschrift aus dem Jahre 1920 folgendermaßen zusammen: „Man erkannte zwar die Fürsorge des preußischen Staates an, fühlte sich in gewissem Sinne gerade den Nachbarländern gegenüber stolz, ein Teil des mächtigen Preussens und das Stammland der Monarchie zu sein, aber man war und blieb in erster Linie Hohenzoller, Süddeutscher.“ An anderer Stelle stellte Belzer fest, dass sich die Hohenzollern als ein besonderes Gebilde und Völkchen zwischen Württemberg und Baden betrachteten. Die Zugehörigkeit des Landes zu Preußen wurde auch selbst in den schlimmsten Phasen des Kulturkampfes niemals ernsthaft infrage gestellt.

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Der hohenzollerische Partikularismus im 20. Jahrhundert

Mit dem Untergang der Monarchie 1918 war auch der am 23. August 1851 auf der Burg Hohenzollern geleistete Erbhuldigungseid obsolet geworden. Die Hohenzollernfrage, das heißt die Frage, ob Hohenzollern weiterhin bei Preußen verbleiben oder an Württemberg oder Baden ganz oder in Teilen angeschlossen werden sollte, wurde nun auch öffentlich diskutiert. In der sogenannten Gründonnerstagssitzung am 22. April 1919 fasste der Kommunallandtag beim Hohenzollerischen Landeskommunalverband zu den anstehenden Fragen die folgenden Beschlüsse:

  • 1. Die Unteilbarkeit Hohenzollerns wird verlangt. 
  • 2. Dem Zustandekommen einer Republik Großschwaben wird sich Hohenzollern nicht entziehen können. 
  • 3. Es besteht keine Veranlassung, sich von Preußen zu trennen.
  • 4. Das Volk soll gehört werden.
  • 5. Auch bei einer Vereinigung mit anderen Staaten soll der Kommunalverband bestehen bleiben.

Da sich die ganzen Überlegungen schließlich als Sandkastenspiele herausstellten, blieb Hohenzollern bei Preußen, das überdies bereit war, dem Land weiterhin die erforderliche Unterstützung zu gewähren.

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Die drohende Einverleibung durch Württemberg

Dessen ungeachtet nehmen in der Zeit der Weimarer Republik und dann im "Dritten Reich" die Verknüpfungen Hohenzollerns mit Württemberg ständig zu. So bildete Hohenzollern mit Württemberg bei den Reichstagswahlen einen Wahlbezirk. Die zur Wahl stehenden Parteien wurden damit zu Bindestrichparteien Württemberg-Hohenzollern. Da die Nationalsozialisten ihre Organisation nach Wahlbezirken ausrichteten, entstand der GAU Württemberg-Hohenzollern, der in Stauttgart seinen Sitz hatte.

Gegen die drohende Einverleibung durch Württemberg führten die Hohenzollern jedoch immer wieder ihre Eigenart ins Feld. Es entstand allmählich ein hohenzollerischer Partikularismus. 1926 wurde der heilige Fidelis von Sigmaringen auf Betreiben der hohenzollerischen Geistlichkeit zum Landespatron erhoben. Mächtigen Auftrieb erfuhren im Lande die Erforschung der Geschichte und die Pflege der Zeugnisse der Vergangenheit. So wurde beispielsweise die Hohenzollerische Landesversammlung, in der die Exponate des Landes von der Vor- und Frühgeschichte bis in die Neuzeit enthalten waren, 1921 auf die Burg Hohenzollern verbracht und dort in zwei Räumen des Wehrturms systematisch für die interessierte Öffentlichkeit präsentiert. 1928 erfolgte die Gründung der Hohenzollerischen Heimatbücherei Hechingen. 1940 wurde die Landeskundliche Forschungsstelle geschaffen, deren Leitung vom Leiter des Staatsarchivs Sigmaringen wahrgenommen wurde.

Die Einverleibung Hohenzollern in Württemberg fand nicht statt. Als der Sigmaringer Regierungspräsident Wilhelm Dreher 1943 der vorgeschlagenen Stilllegung der Regierung in Sigmaringen und der Übertragung ihrer Funktion auf entsprechende württembergische Oberbehörden zustimmte, wurde dieses Vorhaben im Dezember 1944 vom Reichsinnenministerium im Hinblick auf die Kriegssituation zurückgewiesen.

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Auf dem Weg zum Südweststaat

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte Preußen faktisch zu bestehen aufgehört. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass man in Kreisen des ehemaligen Zentrums und des Fürsten Friedrich von Hohenzollern am liebsten die Schaffung eines selbstständigen Landes gesehen hätte. Die französische Besatzungsmacht kam diesen Bestrebungen insofern nach, als sie am 30. Mai 1945 den ehemaligen Studienrat Clemens Moser zum Präsidenten von Hohenzollern bestellte.

Von einer Respektierung der Eigenständigkeit Hohenzollerns sind die Franzosen jedoch rasch wieder abgerückt. Am 16. Oktober 1945 bestellte die Besatzungsmacht in Tübingen das Staatsekretariat unter der Leitung von Carlo Schmid als deutsches Exekutivorgan im französisch besetzten Württemberg und Hohenzollern, dem auch Clemens Moser angehörte. Am 15. März 1946 wurde die Regierung in Sigmaringen schließlich aufgehoben. Bestehen blieb der Hohenzollerische Landeskommunalverband unter dem Vorsitz von Clemens Moser mit der Bezeichnung Landeshauptmann.

Dissens und Konsens

Mit dieser Zurücksetzung konnten und wollten sich die traditionsbewussten Hohenzollern um Fürst Friedrich von Hohenzollern nicht abfinden. In der Verfassung des zukünftigen Landes Württemberg-Hohenzollern sollte dementsprechend die Eigenstaatlichkeit Hohenzollerns festgeschrieben werden. Die Bildung eines solchen Staatenbundes stieß jedoch sowohl bei den südwürttembergischen Abgeordneten als auch bei der Besatzungsmacht auf strikte Ablehnung. In der Verfassung des neuen Landes, die am 18. Mai 1947 von den Bürgern angenommen wurde, hat man den beiden hohenzollerischen Kreisen Hechingen und Sigmaringen jedoch die Selbstverwaltung eingeräumt, wie sie schon am 1. Januar 1933 bestand. Näheres sollte durch ein Gesetz bestimmt werden.

Diesem Gesetzgebungsauftrag ist die Regierung in Tübingen lange nicht nachgekommen. Um die Stimmen der Hohenzollern für die Bildung des geplanten Südweststaats nicht zu verspielen, gab Staatspräsident Gebhard Müller seine Vorbehalte schließlich auf. Mit dem Gesetz über die Selbstverwaltung der Hohenzollerischen Lande, das am 7. September 1950 beschlossen wurde, war die wichtigste Forderung der Verteidiger der hohenzollerischen Sonderinteressen erfüllt. Am 9. Dezember 1951 stimmten denn auch über 90 Prozent der Bevölkerung des Landes für die Bildung des Südweststaats.

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Hohenzollern als Land ohne Grenzen

Das Selbstverwaltungsgesetz für Hohenzollern hatte in dem neuen Bundesland nicht lange Bestand. Nachdem bereits durch das sogenannte Exklavengesetz 1969 die meisten Exklaven Hohenzollerns den entsprechenden Landkreisen zugeschlagen worden waren, wurde das Land durch das am 1. Januar 1973 in Kraft getretene Kreisreformgesetz auf neun Landkreise, sechs Regionen und drei Regierungsbezirke aufgeteilt.

Mit der in dem Gesetz außerdem verfügten Aufhebung des Landeskommunalverbandes hatte Hohenzollern darüber hinaus seine verwaltungsmäßige Klammer und seine zentrale Instanz seiner Identitäts- und Traditionspflege verloren. Als Land ohne Grenzen hatte die Sonderentwicklung Hohenzollerns ihren Abschluss gefunden. Erkennbar ist Hohenzollern heute nur noch in den Karten der Bistumszugehörigkeit: Die katholischen Gemeinden gehören zum Erzbistum Freiburg und nicht zum geografisch näheren Bistum Rottenburg-Stuttgart.

Der Widerstand gegen die Aufhebung der Selbstverwaltungskörperschaft war verhalten. Die Verfechter der hohenzollerischen Belange waren in die Jahre gekommen. Fürst Friedrich von Hohenzollern war bereits 1965 gestorben. Auch der Dualismus der Schwesterstädte Hechingen und Sigmaringen war dem Erhalt Hohenzollerns nicht immer förderlich gewesen. Nivellierend hatte sich schließlich der Zustrom von Flüchtlingen, Heimatvertriebenen und Migranten ausgewirkt.

Kirche und Tradition im 21. Jahrhundert

Doch trotz dieser Wanderungsbewegungen ist Hohenzollern nach wie vor ein Land mit überwiegend katholischer Bevölkerung geblieben. Von der allenthalben festzustellenden Erosion der Kirche ist jedoch auch das Hohenzollernland nicht verschont geblieben. So gab die Erzabtei Beuron im Hinblick auf den rückläufigen Nachwuchs 1968 ihre Philosophisch- Theologische Hochschule auf. Das Franziskanerkloster Gorheim, das 1967 seine Philosophisch-Theologische Hochschule hatte abgeben müssen, wurde im Jahr 2000 aufgelöst. In der Niederlassung der Weißen Väter in Haigerloch leben heute nur noch ältere Mitglieder der Missionsgesellschaft. Die Heimschule Kloster Wald und die Liebfrauenschule in Sigmaringen mussten der Trägerschaft der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg unterstellt werden. Im Jahr 2003 wurde das Erzbischöfliche Studienheim St. Fidelis in Sigmaringen geschlossen.

Erhalten geblieben ist, wenn auch mit Abstrichen, das Hohenzollernbewusstsein, dessen Pflege in erster Linie vom Hohenzollerischen Geschichtsverein e. V. wahrgenommen wird. Von dem Weiterwirken der hohenzollerischen Tradition zeugen vor allem die vielen Bezeichnungen von Straßen und Gebäuden nach Hohenzollern, die nach 1972 verliehen wurden. Zu erwähnen sind hier die 1984 eingeweihte Hohenzollernhalle in Bisingen oder die 2008 ihrer Bestimmung übergebene Jugendherberge Hohenzollern in Sigmaringen.

Um die Pflege und die Erhaltung der Tradition Hohenzollerns hat sich vor allem die Stadt Hechingen mit der Errichtung des Hohenzollerischen Landesmuseums im Alten Schloss verdient gemacht, in dem nach umfangreichen Renovierungs- und Sanierungsarbeiten nunmehr bedeutende Exponate zur Landesgeschichte aus dem Stadtmuseum und aus der Landessammlung des ehemaligen Landeskommunalverbandes zeitgemäß präsentiert werden können. Bei der feierlichen Eröffnung der als „drittes Landesmuseum“ gedachten Einrichtung am 11. März 2005 hielt die aus Hohenzollern stammende damalige Sozialministerin von Baden-Württemberg, Tanja Gönner, die Festansprache.

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Der Berg und die Burg Hohenzollern heute

Nach dem Ende des „Dritten Reichs“ erhielt die Burg Hohenzollern eine weitere Funktion als Refugium des Hauses Preußen. So wurde der 1945 von der französischen Besatzungsmacht inhaftierte Kronprinz Wilhelm, Sohn Kaiser Wilhelms II., auf seinen Wunsch hin für mehrere Monate auf der Burg untergebracht und 1951 ebendort auf der Michaelsbastei beigesetzt. 1952/53 ließ dessen Sohn, Prinz Louis Ferdinand, in der ehemaligen Schlossküche ein Hohenzollernmuseum, die „Schatzkammer“, einrichten, in dem als Spitzenstücke die preußische Königskrone sowie viele Erinnerungsstücke an Friedrich den Großen gezeigt werden.

Am 28. August 1953 ließ der Chef des vormals regierenden preußischen Königshauses ferner die Särge des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs des Großen in die evangelische Christuskapelle überführen, wo sie bis zum 17. August 1991 verblieben sind. Mit der Schatzkammer und dann auch mit den Särgen der beiden Könige war die preußische Monarchie gleichsam an ihren Ursprung zurückgekehrt.

Traditionelle Symbolik

Die neogotische Burg auf dem Zeugenberg gleichen Namens vor dem Albtrauf, heute eine der großen touristischen Attraktionen in Baden-Württemberg, ist freilich nicht nur die Stammburg der Zollern, das nationaldynastische Denkmal und das Refugium des preußischen Königshauses, sondern auch der Fixpunkt und das Symbol des Hohenzollernbewusstseins und des hohenzollerischen Heimatgefühls, wie dies vor allem in der dritten Strophe des im Lande nach wie vor populären Hohenzollernlieds, das um 1850 entstanden ist, zum Ausdruck kommt:

Doch kommt die lang ersehnte Stunde,
die uns zur Heimat wieder ruft,
dann jauchzen wir mit frohem Munde
dem schönen Hohenzollern zu.
Wir rufen aus: Oh Heimatland,
wie ist mein Herz an dich gebannt,
an Hohenzollerns steilem Felsen,
wo unverzagt die Eintracht ruht.

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Überblick: Erinnerungsorte in Baden-Württemberg

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